Friedensforschung mit der Maus

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Freitag, 8. April 2016

Mao

Erinnerung an Mao Zedong (Mao Tse Tung) in einer Internet-Liste der 21 schrecklichsten Leute, die je existiert haben. (Die Liste enthaelt auch US Praesidenten).

Mao Zedong was dictator of China from 1943 to 1976, where he presided over the deaths of approximately 70 million people. In the process of creating his communist ideal, he created the greatest famine and genocide in history.
http://whatzbuzzing.com/the-13-most-disgracfully-evil-people-to-ever-exist/5/




Jung Chang, Jon Halliday – Mao.

Das Leben eines Mannes. Das Schicksal eines Volkes

... Selbst nachdem Mao am 1. Oktober 1949 auf dem Platz des himmlischen Friedens in Beijing die Volksrepublik China ausgerufen hat, war seine Macht keineswegs zementiert. Um sich selbst in Sicherheit zu wiegen, war er bemüht, die Bevölkerung durch anhaltenden Terror zu unterdrücken und seine politischen Gegner zu verleumden und entmachten. Zu den von ihm angestoßenen Bewegungen zählen vor allem die „Hundert-Blumen-Bewegung“, der „Große Sprung nach vorn“ sowie die Kulturrevolution.
In zunehmendem Maße wurde während dieser Jahre der Personenkult um den „Großen Vorsitzenden“ intensiviert und Mao über jegliche Kritik erhaben gemacht. So hat denn auch niemand der Bevölkerung es gewagt, während der langen Jahre der Hungernot 1958 bis 1962 während des „Großen Sprungs nach vorn“ Unmut zu äußern aus Angst vor Folter und Tod. So ist denn auch aufgrund des im Folgenden noch intensivierten Personenkults kaum bekannt geworden, dass Mao einen traurigen Rekord aufgestellt hat: er ist das Staatsoberhaupt, welches während Friedenszeiten die meisten Menschen auf dem Gewissen hat. Allein durch die erwähnte Hungersnot verloren geschätzte 30 Millionen Menschen ihr Leben, weitere 7 Millionen starben durch den Terror der Kulturrevolution, welcher anfänglich durch die Roten Garden verbreitet wurde. Schätzungen für den gesamten Zeitraum von Maos Regentschaft belaufen sich auf bis zu 76 Millionen Tote. Zum Vergleich: während des Zweiten Weltkriegs verloren „nur“ circa 55 bis 60 Millionen Menschen ihr Leben!
 
https://buecherzeit.wordpress.com/2009/03/10/jung-chang-jon-halliday-%E2%80%93-mao-das-leben-eines-mannes-das-schicksal-eines-volkes/




Konkurrenz der Diktatoren
Neue Erkenntnisse über die Beziehungen von Stalin und Mao


Als Stalin und Mao im Winter 1949/50 in Moskau zusammentrafen, um über die Bedingungen einer sowjetisch-chinesischen Allianz zu verhandeln, fanden die Gespräche in einer angespannten Atmosphäre statt. Die beiden trafen nur dieses eine Mal persönlich zusammen und betrachteten einander mit Mißtrauen. Stalin sah den chinesischen Revolutionär als ideologisch ungefestigten "Partisanenführer", der noch nicht einmal Marxens "Kapital" gelesen hatte und dem ein ähnlicher "Verrat" an der Sowjetunion zuzutrauen war wie dem abtrünnigen Tito in Jugoslawien. Aus Maos Sicht war das Verhältnis zu Stalin dadurch belastet, daß dieser noch bis 1941 einen innerparteilichen Konkurrenten Maos als Kopf der Kommunistischen Partei Chinas favorisiert hatte und daß die Sowjetunion 1945 einen Bündnisvertrag mit den Bürgerkriegsgegnern der chinesischen Kommunisten geschlossen hatte.

Die Verhandlungen zwischen Stalin und Mao sind bis in die Details von dem Historiker Dieter Heinzig rekonstruiert worden (Die Sowjetunion und das kommunistische China 1945-1950. Der beschwerliche Weg zum Bündnis, Baden-Baden 1998). Heinzig wertet akribisch eine Unmenge von neu zugänglichen sowjetischen und chinesischen Quellen aus und zerpflückt reihenweise fehlerhafte Darstellungen und Anekdoten aus der russischen und chinesischen Memoirenliteratur, die auch in vielen westlichen Werken immer wieder als zutreffend wiedergegeben wurden. ...

Bot aber Mao tatsächlich Stalin die Stirn und schlug konsequent einen eigenständigen chinesischen Weg ein? Die neuen Quellen machen deutlich, daß Stalin bis zu seinem Tod 1953 maßgeblichen Einfluß auf Mao und die Politik der chinesischen Kommunisten ausübte - von Detailfragen der Parteiorganisation und der Staatsverfassung bis hin zu Militäroperationen der chinesischen "Freiwilligenarmee" im Koreakrieg. Die in Oregon lehrende chinesische Politikwissenschaftlerin Li Hua-yu kommt zu dem Schluß, daß Mao zu Lebzeiten Stalins dessen politischen Empfehlungen fast ausnahmslos folgte und Stalins Rolle als Führer der Weltrevolution widerwillig, aber letztlich ohne offenen Widerspruch akzeptierte (Li Hua-yu, "The Political Stalinization of China", in: Journal of Cold War Studies, Bd. 3, Heft 2, 2001).

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/konkurrenz-der-diktatoren-1117520.html

Sonntag, 8. März 2015

ISIS: Das System der Rattenfänger

 
Immer mehr Meldungen ueber Jugendliche, die sich aufmachen, um sich ISIS anzuschliessen, und ihre verzweifelten Angehoerigen zeigen, wie treffend die Metapher vom "Rattenfaenger" das Phaenomen ISIS beschreibt.
 
 
Aus
Hamburger Morgenpost

Kämpfer für Syrien: Das System der Rattenfänger

3.9.2014
 
Von Olaf Wunder
 
Vor knapp 800 Jahren entführte der Rattenfänger von Hameln 130 Kinder auf Nimmerwiedersehen. Eine Sage, nicht mehr. Was derzeit in Hamburg passiert, ist kein Märchen: Moderne Rattenfänger ködern junge Menschen und machen aus ihnen blutrünstige Gotteskrieger. Wer sind die Drahtzieher? Wer ist anfällig für ihre Islam-Propaganda? 
 
Ibo ist 22 Jahre alt, türkischer Herkunft, aber in Deutschland geboren. Seinen Vater kennt er nicht. Seine Mutter ist eine moderne Frau, die mit dem Islam überhaupt nichts im Sinn hat. Ibo führte das Leben eines ganz normalen jungen Erwachsenen in Deutschland – um dann plötzlich seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann hinzuschmeißen. Heute ist er in Syrien. Und nur er weiß, wie viele Menschen er schon auf dem Gewissen hat.

Ibos Mutter erzählt, dass ihr Sohn von klein auf darunter gelitten habe, in Deutschland nur „der Ausländer“ zu sein. Er fühlte sich ausgegrenzt. Der Junge sei abgeglitten in eine Identitätskrise – und habe Halt gesucht in der Religion. Damit ist Ibo ein typischer Fall. Auffallend viele von denen, die „Gotteskrieger“ werden, haben ein „gestörtes Vaterverhältnis“, so ein Experte, der nicht genannt werden will. Es sei ganz ähnlich wie in der Neonazi-Szene: „Es sind die Verlierer, die auf die Rattenfänger hereinfallen. Die, die immer schon Außenseiter waren. Die, die bei Mädchen noch nie eine Chance hatten.“ [...]

Bei den Rattenfängern handelt es sich um Salafisten, Angehörige einer Gruppe, die den Islam besonders streng auslegen. Sie sprechen ihre Opfer meist nach dem Freitagsgebet in der Moschee an, nennen sie „Bruder“, laden sie zu einem Tee ein, holen sie mit dem Sportwagen zu Hause ab, spielen Fußball mit ihnen. Den jungen Männern wird geboten, was sie immer gesucht haben: Gemeinschaft.
              
Auf Initiative der Alevitischen Gemeinde gründete sich am Sonntag ein Elternrat in Eimsbüttel: [Bildunterschrift: Diese Väter und Mütter haben Angst, dass auch ihre Kinder Gotteskrieger warden.]
                   
Einer der zentralen Anlaufpunkte der Salafisten in Hamburg ist die Taqwa-Moschee in Harburg. Sie hat unter radikalen Muslimen schon deshalb eine Art Kultstatus, weil hier die Attentäter des 11. September ein- und ausgingen. Hier spricht auch Hier spricht auch häufig Pierre Vogel, ein ehemaliger deutscher Boxer, der zum Islam übergetreten ist und nun als Prediger übers Land zieht. Vogel lebt seit Kurzem in Wilhelmsburg, was darauf hindeutet, dass Hamburg als Rekrutierungsstätte von besonderer Bedeutung ist. Nach Ansicht des Verfassungsschutzes öffnet Vogel mit seinen Predigten den jungen Menschen die Tür zum gewaltbereiten Salafismus.
Wer wie Ibo einmal in die Fänge der Salafisten geraten ist, bricht mit seinem vorherigen Leben. Ibo trennte sich von früheren Freunden, beschimpfte seine Mutter, keine wahre Muslimin zu sein. Vier Jahre ging das so, dann machte er sich auf den Weg nach Syrien. Im Sommer 2013 flog er in die Türkei, wo es etliche Ausbildungslager von „IS“ nahe der syrischen Grenze gibt. [...]
 
http://www.mopo.de/nachrichten/kaempfer-fuer-syrien-das-system-der-rattenfaenger,5067140,28289614.html




Sohn eine Bostoner Polizisten lobt ISIS
http://www.msn.com/en-us/video/news/boston-cops-son-defends-isis/vi-AAd0VxS?ocid=iehp


Die Gehirne junger Menschen sind nicht ausgereift, auch wenn sie schon die Volljährigkeit erreicht haben.

Sonntag, 13. Juli 2014

Uri Avnery: Die Gräueltat

Aus

Texte von Uri Avnery

Jul 12, 2014

Die Gräueltat


[...]

Zwei Palästinenser, die anscheinend allein handelten, kidnappten drei israelische Teenager, die versuchten  nachts per Anhalter, von einer Jeshivaschule nahe Hebron nach Hause in eine Siedlung zu kommen. Das Ziel war wahrscheinlich, sie als Geiseln  zur Befreiung von palästinensischen Gefangenen zu verwenden.

Die Aktion ging schief, als  es einem der drei gelang, mit seinem Handy das israelische Polizei-Nottelefon anzurufen. Die  Entführer, die nun vermuteten, dass die Polizei bald hinter ihnen her sei, gerieten in Panik und schossen die drei gleich tot. Sie verscharrten die Leichen in einem Feld und flohen. Tatsächlich  vermasselte die Polizei den Anruf  - nahm ihn nicht ernst -  und begann ihre Jagd erst am nächsten Morgen).

Ganz Israel war in Aufruhr. Viele tausende Soldaten wurden drei Wochen damit beschäftigt, auf der Suche nach den drei Jugendlichen Tausende von Wohnungen, Höhlen und Felder zu durchsuchen.

Der öffentliche Aufruhr war sicherlich gerechtfertigt. Aber bald  verwandelte sich dieser in eine Orgie rassistischer Aufwiegelung, die von Tag zu Tag schlimmer wurde. Zeitungen, Radiostationen und TV-Netzwerke wetteiferten miteinander mit dreisten rassistischen Schmähreden, wiederholten die offizielle Linie bis zur Übelkeit und fügten ihren eigenen widerlichen Kommentar hinzu – jeden Tag, rund um die Uhr.

Die Sicherheitsdienste der Palästinensischen Behörde, die  mit dem israelischen Sicherheitsdienst überall zusammenarbeitete, spielte eine große Rolle beim frühen Entdecken der Identität der beiden Entführer (ohne sie  zu fangen). Mahmood Abbas, der PA-Präsident, stand bei einem Treffen der arabischen Länder auf und verurteilte das Kidnapping  unmissverständlich und wurde von vielen seiner eigenen Leute als arabischer Quisling  bezeichnet. Israelische Verantwortliche  nannten ihn andrerseits  einen Heuchler.

Israels führende Politiker ließen einen Hetzsturm los, der woanders als regelrechter Faschismus angesehen worden wäre.  Hier eine kurze Auswahl:

Danny Danon, vertretender Verteidigungsminister: „Falls ein russischer Junge   entführt worden wäre, hätte Putin ein Dorf nach dem anderen platt gemacht.“

Der „jüdisches Heim“ –Fraktionsführer Ayala Shaked: „Mit einem Volk, dessen Helden Kindermörder sind, müssen wir entsprechend umgehen. (Jüdische Heim-Partei ist ein Teil der Regierungskoalition)

Noam Perl, Weltchef von Bnei Akiva, die Jugendbewegung der Siedler: „Eine ganze Nation und Tausende von Jahren Geschichte verlangen: Rache!“

Uri Bank, früherer Sekretär von Uri Ariel, Wohnungsbauminister, Erbauer der Siedlungen: „Dies ist der richtige Moment. Wenn unsere Kinder verletzt werden, fangen wir an zu toben, grenzenlos, demontieren die Palästinensische Behörde, annektieren Judäa und Samaria, exekutieren alle Gefangenen, die wegen Mord verurteilt wurden, vertreiben Familienmitglieder von Terroristen!“

Und Benjamin Netanjahu selbst spricht über das ganze palästinensische Volk: „Sie sind nicht wie wir. Wir heiligen das Leben, sie heiligen den Tod!“

Als die Leichen der drei  von Touristenführern gefunden wurden, erreichte die Explosion einen neuen Höhepunkt. Soldaten setzten zehntausende von Botschaften ins Internet und riefen zur Rache auf, Politiker stachelten sie an, die Medien fügten dem noch Öl ins Feuer, Lynchmob versammelte sich an vielen Plätzen in Jerusalem, um arabische Arbeiter zu jagen und zusammenzuschlagen.

Außer ein paar einsamen Stimmen, schien es, dass das ganze Israel sich in einen Fußballmob verwandelt habe und „Tod den Arabern!“ schrie.

(Kann sich heute irgendjemand eine  europäische oder amerikanische Menge   vorstellen, die „Tod den Juden!“ schreit?)


DIE SECHS, die bis jetzt wegen des bestialischen Mordes  des arabischen Jungen verhaftet  wurden, waren direkt von einer dieser „Tod den Arabern!“-Demonstrationen gekommen.

Zuerst  hatten sie versucht, einen 9Jährigen Jungen aus demselben arabischen Viertel, Shuafat zu kidnappen. Einer von ihnen fing den Jungen auf der Straße und zog ihn zu ihrem PKW, während der ihn gleichzeitig würgte. Glücklicherweise gelang es dem Kind, nach seiner Mutter zu rufen. Die Mutter  begann,  den Kidnapper mit dem Handy  zu schlagen. Er geriet in Panik und floh. Die  Würgemale am Hals des Jungen konnten noch mehrere Tage gesehen werden.

Am nächsten Tag kehrte die Gruppe zurück, fing  Muhammad Abu-Kheir, ein 16Jähriger fröhlicher Junge mit einem gewinnenden Lächeln, goss Benzin in seinen Mund und verbrannten ihn zu Tode.

(Als ob dies noch nicht genug wäre, fingen  Grenzpolizisten während einer Protestdemonstration seinen Cousin, legte ihm Handschellen um, warf ihn auf den Boden und begann ihn auf den Kopf und ins Gesicht zu treten. Seine Wunden sehen schrecklich aus. Der entstellte Junge wurde verhaftet, die Polizisten nicht.)


DIE GRAUSAME Weise, mit der Muhammad ermordet wurde, wurde zuerst nicht erwähnt. Die Tatsache wurde von einem arabischen Pathologe enthüllt, der bei der offiziellen Autopsie anwesend war. Die meisten israelischen Zeitungen erwähnten die Tatsache mit ein paar Worten auf einer inneren Seite. Die meisten TV-Sendungen  erwähnten die Tatsache überhaupt nicht.

Im eigentlichen Israel erhoben sich die arabischen Bürger, wie sie es seit vielen Jahren nicht getan haben. Gewalttätige Demonstrationen  dauerten mehrere Tage im ganzen Land. Gleichzeitig explodierte im Gazastreifen die Grenzlinie mit einer neuen Raketenorgie und Luftangriffen in einem Minikrieg, der bereits einen Namen hat: „Solid Rock“ („Solider Kliff“ – für das Ausland wurde ein anderer Propagandaname erfunden). Der neue ägyptische Diktator kollaboriert mit der israelischen Armee beim Ersticken des Gazastreifens.


DIE NAMEN der sechs  Verdächtigen des Brandmordes – einige von ihnen haben sich zu der entsetzlichen Tat bekannt – werden noch zurückgehalten. Aber inoffizielle Berichte sagen, dass sie zur Orthodoxen Gemeinde gehören. Anscheinend  hat diese  Gemeinde, die traditionell anti-zionistisch und moderat ist, jetzt Neo-Nazis hervorgebracht, die sogar ihre religiös-zionistischen  Konkurrenten  übertreffen.

Doch so schrecklich die Tat selbst ist, so ist meiner Meinung nach, die öffentliche Reaktion sogar noch schlimmer. Weil es gar keine gibt.

Stimmt, ein paar sporadische Stimmen sind gehört worden. Viele  normale Leute  äußerten ihre Abscheu  im privaten Gespräch. Aber der ohrenbetäubende, moralische Skandal, den man erwarten konnte, kam nicht zustande.

Es wurde alles getan, um den Vorfall klein zu halten, verhinderte seine Publikation im Ausland und selbst innerhalb Israel. Das Leben ging wie gewöhnlich weiter. Ein paar Minister und andere Politiker verurteilten die Tat mit Routinephrasen, damit sie im Ausland zitiert werden.

Die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien gewinnt weit mehr Interesse. Selbst auf der Linken wurde die Grausamkeit als eine von vielen Untaten der Besatzung behandelt.

Wo ist der große Aufschrei,  die moralische Empörung der Nation, die einstimmige Entscheidung, den Rassismus auszurotten, der solche Grausamkeiten möglich macht?


DAS NEUE Aufflackern in und rund  um den Gazastreifen hat diese Gräueltat ausgelöscht.

Sirenen tönen in Jerusalem und in Städten nördlich von Tel Aviv. Die Raketen, die auf die israelische Bevölkerungszentren zielen, wurden (bis jetzt) erfolgreich  von Gegenraketen  abgefangen. Aber hundert Tausende von Männern, Frauen und Kindern rennen in die Luftschutzbunker. Auf der andern Seite machen Hunderte von täglichen  Einsätzen der israelischen Luftwaffe den Gazastreifen zur Hölle.

Wenn die Kanone  brüllt, werden die Musen still.

Auch das Mitleid für einen Jungen, der zu Tode verbrannte.

(dt. Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert)
http://www.uri-avnery.de/news/294/17/Die-Graeueltat



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"Dunum um Dunum" - Institutionalisierte Diskriminierung / Land Lords

Jüdische und palästinensische Bürger sind in Israel gleichgestellt – aber nicht beim Landerwerb / Government decision strips Palestinians of their East Jerusalem property

Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel von Uri Avnery sowie einen kürzeren Artikel und einen längeren Hintergrundbericht (letzterer in englisch) von Meron Rappaport über ein Thema,das hier zu Lande weitgehend unbekannt ist. Es geht um die Rechtssituation für jüdische und arabische Bürger beim Landerwerb in Israel.

Dunum um Dunum
Von Uri Avnery

Was würde man wohl sagen, wenn eine US-amerikanische Institution, die ein Siebtel des ganzen Landes verwaltet, Richtlinien akzeptieren würde, die ihr vorschreiben, Land nur an weiße, angelsächsisch-stämmige Protestanten zu verkaufen oder zu verpachten? Wir würden dies sicher nicht glauben. Und eigentlich sollte so etwas auch nicht möglich sein. Doch eine derartige Situation besteht in Israel. Sie verursacht gerade eine stürmische öffentliche Debatte.

Alternatives Land

Dies sind die Fakten: Der Jüdische Nationalfonds (auf hebräisch: Keren Kayemet le-Israel, oder kurz: KKL) verwaltet 13 Prozent allen Landes in Israel. Seine Statuten verbieten ausdrücklich, Land an Nicht-Juden zu verkaufen oder zu verpachten. Das heißt, jeder Jude der Welt könne, selbst wenn er in Timbuktu oder Kamtschatka lebt, vom KKL Land kaufen, ohne nach Israel kommen zu müssen, während ein arabischer Bürger aus Israel, dessen Vorfahren seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden hier gelebt haben, kein Haus, keine Wohnung in einem Teil seines Landes käuflich erwerben oder pachten kann.

Die Debatte wurde akut, weil das israelische Oberste Gericht vor kurzem in einer Entscheidung jede Diskriminierung von Bürgern bei der Landverteilung verurteilt hat. Auf Grund derselben wurde der KKL verklagt. Jetzt hat der Staatsanwalt entschieden, daß die Regierung die arabischen Bürger nicht benachteiligen darf, selbst wenn sie Land vergibt, das dem jüdischen Nationalfonds gehört.

Das sieht an sich sehr gut aus, wenn die Sache nicht einen Haken hätte. Die besten juristischen Köpfe suchen nach einem Ausweg: Wie kann die Diskriminierung trotz dieser Gerichtsentscheidung beibehalten werden? Kein Problem. Der Staatsanwalt schlägt einfach vor, die Regierung werde den KKL für jeden Dunum*, den er – Gott bewahre! – an Araber vergibt, mit einem Dunum irgendwo anders entschädigen. Das alternative Land wird in »peripheren« Lagen wie im Negev oder in Galiläa sein, wo es viel rentabler ist. Und obendrein wird die Regierung garantieren, daß die jährlichen Staatseinkünfte des KKL eine halbe Milliarde Schekel erreichen werden. So wird der Kuchen geteilt und bleibt doch ganz.

Der KKL ernennt übrigens fast die Hälfte der Direktoren der »israelischen Landbehörde«, die Regierungskörperschaft, die alles in staatlichem Besitz befindliche Land in Israel verwaltet. Durch diese Situation wird 20 Prozent der Bevölkerung Israels das Recht verweigert, in großen Teilen des Landes ein Haus zu kaufen, während Juden in Brooklyn oder Odessa sich dieses Rechts erfreuen können.

Blaue Sammelbüchse

Wie ist es dazu gekommen? Wie viele schlimme Dinge hier fing es ganz unschuldig an. Als vor mehr als 100 Jahren die zionistische Bewegung geschaffen wurde, bestand die Notwendigkeit für die jüdischen Einwanderer, in Palästina Land zu kaufen. Zu diesem Zweck wurde der KKL gegründet. Überall in der Welt wurde in jedem zionistischen Haus eine blaue Sammelbüchse aufgehängt. In jedem Klassenzimmer jüdischer Schulen wurden Kinder gedrängt, ihre Münzen in diese Büchse zu werfen. Die blaue Büchse wurde zu einem Symbol der zionistischen Bewegung, vielleicht das bekannteste. Mit dem auf diese Weise gesammelten Geld wurde ein Menge Land erworben, auf dem Kibbuzim und Moschawim aufgebaut wurden. Das war der Höhepunkt des zionistischen Idealismus. Die »Erlösung des Landes« und »hebräische Arbeit« wurden die Eckpfeiler des zionistischen Traumes.

Doch diese wunderbare Geschichte hat eine dunkle Seite, die im zionistischen Bewußtsein nicht registriert wurde. Das Land war tatsächlich gekauft worden – manchmal zu unverschämten Preisen – doch von reichen abwesenden Besitzern, die weder darauf lebten noch es kultivierten. Als das späte ottomanische Reich bankrott und in großer Geldnot war, verkaufte es große Landflächen an reiche arabische Kaufleute in Jaffa, Beirut und anderen Städten, die diese als Geldanlage kauften. Die arabischen Fellachen (Bauern), die das Land seit Generationen bearbeiteten, waren nur Pächter. Als der KKL das Land kaufte, wurden die Fellachen oft mit Hilfe der türkischen und später der britischen Polizei vertrieben.

Als im November 1947 die Vereinten Nationen sich zu einer Teilung des Landes in einen jüdischen und arabischen Staat entschlossen, waren trotz all der Bemühungen nur sieben Prozent des Landes in jüdischem Besitz. Und nur ein Teil dieses Gebietes gehörte dem KKL, der Rest war von privaten jüdischen Besitzern in Städten und landwirtschaftlichen »Kolonien« gekauft worden. Es wäre nun logisch gewesen, hätte der KKL mit der Gründung des Staates Israel sein Land dem Staat übereignet; denn genau für diese Idee war das Geld ja gesammelt worden.

Aber dies geschah nicht – es geschah genau das Gegenteil: Der neue Staat transferierte Millionen von Dunum enteigneten Landes der Araber an den KKL. Es war Land von Flüchtlingen, denen es nicht erlaubt wurde, zurückzukehren – in juristischer Sprache wurden sie zu »Abwesenden«. Oder es war das Land von denen, die im Lande geblieben waren, aber an einem bestimmten Tag nicht in ihrem Dorf waren. Sie wurden zu »anwesend Abwesenden«. Oder es war das Land von Arabern, die zu Bürgern Israels wurden.

Man sollte dies gut im Gedächtnis behalten, da es die große Lüge aufdeckt, die über der ganzen Debatte schwebt: daß das KKL-Land mit dem Geld des jüdischen Volkes gekauft wurde. Der größere Teil des KKL-Landes war keineswegs gekauft, vielmehr im Krieg erobert und dem KKL transferiert worden.

Warum transferiert? Warum transferiert ein souveräner Staat sein Land gratis an eine nichtstaatliche Körperschaft? Mir fällt nur ein Grund ein: Damit man mit der Diskriminierung der arabischen Bürger fortfahren kann.

Der KKL ist ein Instrument der israelisch-jüdischen Gemeinschaft gegen die israelisch-arabische Gemeinschaft. Er ist ein Instrument für institutionalisierte Diskriminierung. Der Trick des Staatsanwalts bestand nun darin, der Forderung des israelischen Obersten Gerichtes für Gleichheit aller Bürger nachzukommen, während eine Körperschaft, die auf Diskriminierung beruht, weiterhin 13 Prozent des Staatslandes verwalten darf. Im Prinzip ändert sich also nichts.

* 4 Dunum entsprechen 1.000 qm; Dunum ist ursprünglich ein türkisches Flächenmaß, das von Israel übernommen wurde.

Übersetzung aus dem Englischen: Ellen Rohlfs
Der Beitrag erschien in der "jungen Welt" vom 5. Februar 2005

 http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Israel/avnery17.html

Der Kult der Jugend und des Krieges

In einem Diskussionbeitrag auf ZEIT ONLINE habe ich einen Ausschnitt aus einem interessanten, bereits 2002 erschienenen Artikel verwertet :  DER KULT DER JUGEND UND DES KRIEGES.


 
BloggerMagga
  • 11. Juli 2014 14:43 Uhr

  • » Der ausschließliche Blick auf Preußen-Deutschland würde zu voreiligen Sonderweg-Fehlschlüssen führen. Entscheidende Auslösefaktoren für deutsche Offiziere, sich im Rahmen des JDB [(Jungdeutschlandbund)] um vaterländische Jugenderziehung zu bemühen, waren "analoge Wehrjugendverbände in Frankreich, England, Italien, Rußland und Japan." [...]
    Doch der wichtigste äußere Einfluß kam aus England. […]
    Laut Bericht marschierte in Trier "in frischforschem Schritt" eine "fast militärisch straffe Pfadfinderschaft"; in dem zeitgenössischen Artikel über das Kriegsspiel rheinischer Wandervögel von 1910 […] hatte es geheißen, die neuen Kriegsregeln seien dem "Pfadfinderbuch" zu entnehmen. Gemeint war Baden-Powell's "Scouting for Boys" (1907) - eine Fusion von Sport, körperlichem Training und paramilitärischen Gelände-Übungen. Die Gründung der "Boys Scouts' Association" im Jahre 1900 durch den Kavallerie-Offizier Sir Robert Baden-Powell [...] wurde zum weltumspannenden Erfolg. […] Baden-Powell wollte seine kriegspädagogische Initiative auch als Werbung für eine allgemeine Wehrpflicht verstanden wissen. Jugend-Kriegspädagogik also entsprach um 1900 einem internationalen Trend. «
    Aus
    DER KULT DER JUGEND UND DES KRIEGES
    Publ. in: Jost Dülffer, Gerd Krumeich (Hg.), Der verlorene Frieden. Politik und Kriegskultur nach 1918, Essen 2002, S.171-197
    Gefunden auf http://www.rusinek.eu/wp-...



    10.11.2014

    Ich komme im Moment nicht dazu, diesen Post weiter zu ergaenzen.
    Stattdessen verweise ich auf einen anderen Post mit aehnlicher Thematik:
    Pfadfinder und Scouts
    http://zettelmaus.blogspot.com/2014/05/pfadfinder-und-scouts_6593.html
    Mit Abbildung einer persoenlichen Grusskarte von Baden Powell und seiner Frau (1912), auf der beide zusammen ein Emblem mi Hakenkreuz hochhalten.
    Die Texte dazu sind zu einem grossen Teil in der Kommentarfunktion, da es mit der Bearbeitung dieses Posts technische Schwierigkeiten gab.
     

    Mittwoch, 14. Mai 2014

    Pfadfinder und das Hakenkreuz


     
    
    Cordial Thanks from Baden Powell
    mit Swastika, 1912

     


    But as you know from the account of the Swastika Thanks Badge which I have given you in Scouting for Boys, this symbol was used in almost every part of the world in ancient days, and therefore has various meanings given to it.
    It has been found engraved on weapons belonging to the Norsemen. It was also engraved on the spindles used by the ancient Greeks in their- weaving at Troy.
    In India rice is spread on the ground in the form of the Swastika at the baptism of a baby boy to bring him luck.
    The Indians in North America use it as an ornament, and it has been found engraved on ancient pottery in Peru.


    How it got from one country to another, separated as they are by oceans, it is difficult to guess, but some people who say they know all about these things, affirm that there was once a great continent where now there is the Atlantic Ocean, but it went under the sea in an earthquake.
    This continent was called Atlantis, and joined up Europe with America.
    It was supposed to have four vast rivers running from a central mountain in different directions—North, East, South, and West—and the Swastika is merely a map of Atlantis showing those four rivers rising from the same center.



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    Scouts salutieren Baden Powell (1933)
    Bildquelle:
    http://spookterror.blogspot.com/2010/03/fascists-spies-and-boy-scouts.html

     
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    Ähnlich gestaltet: Das Emblem von "Lotta Svärd",
    einer finnischen paramilitärischen Frauenorganisation



    1920 - 1944

     Bildquelle:
    http://20thcenturybattles.com/2013/08/23/lotta-svard-the-women-who-saved-finland/

     

     

    Freitag, 13. Dezember 2013

    "Es war doch Krieg und ich war ein junger Kerl"


    Aus

    YouTube
    Dann bin ich ja ein Mörder - Die SS Soldaten [Doku deutsch] 

    Published on  3 Sep 2013 

    Am 29. März 1945 erschießen drei SS-Männer im burgenländischen Ort Deutsch Schützen-Eisenberg knapp 60 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter. Das Verbrechen ist als "Massaker von Deutsch Schützen" in die Geschichte eingegangen. Einer der mutmaßlichen Mörder ist SS-Unterscharführer Adolf Storms, der für die Tat nie zur Rechenschaft gezogen wurde. 63 Jahre danach hat der Politikwissenschaftler und Historiker Walter Manoschek den unbehelligt als Pensionist in Duisburg lebenden Adolf Storms (1919 -- 2010) gefunden. Für seinen Dokumentarfilm, der schließlich den Titel "... dann bin ich ja ein Mörder" bekommt, spricht Manoschek mit Storms, tatbeteiligten HJ-Führern und den Menschen, die das Massaker überlebten. Er rekonstruiert das Verbrechen und stellt Fragen nach dem Vergessen, dem Verdrängen und der Verantwortung. Dabei verfällt Manoschek nie in die Rolle des Verhörenden. Er bleibt Journalist, der aus seinen Interviewpartnern, vor allem aus Adolf Storms, hermeneutisch und präzise nach und nach die Wahrheit herausholt.

    http://www.youtube.com/watch?v=qlOz8H-6J7k



    "... das juedisch-bolschewistische System vernichten ..."
    General von Manstein
    Einer der Wehrmachtoffiziere, die in der neuen Bundeswehr wieder verwendet wurden

    http://www.youtube.com/watch?v=TdgxhkpLNUw




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    Propagandaplakat der SA:
    "Der Terrorismus der Linken ist nur mit noch
    staerkerem Terrorismus zu schlagen"
    Bild gefunden auf

    http://www.encyclopedie.bseditions.fr
    /article_complet.php?pArticleId=113&ar

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    Mord an „menschlich-orientalischen Wesen“


    Aus

    My Lai - die Karriere eines Kriegsverbrechens

    DIE ZEIT 


    Pan Thi Trinh zeigt zwischen zwei Bananenbäumen hindurch auf einen Graben. „Hier an dieser Stelle haben sie gelegen, über hundert Frauen, Kinder und Babys, und alle voller Blut.“ – „Was ist passiert, an jenem 16. März 1968?“ – „Ich war an dem Morgen sehr früh wach“, erzählt die junge Frau, die damals ein l0jähriges Mädchen war. „Ich hörte in der Ferne die Hubschrauber. Wir krochen schnell in unsere Erdlöcher. Eine Stunde lang explodierten Granaten, knatterten Maschinengewehre. Dann war es still. Ich dachte, alles sei vorbei und kroch heraus. Aber da standen drei Soldaten vor mir, auch ein Neger. Die schrien mich an, ich verstand aber nichts. Sie schlugen mit den Gewehren und trieben uns zu unseren Nachbarn und schossen auf uns. Meine Mutter fiel um. Ich hatte einen Schuß im Arm. ‚Lauf weg‘, flüsterte meine Mutter. ’Lauf weg, ganz weit weg.‘ Ich lief nach hinten in eine Kammer, dort lag schon meine Tante mit ihrem Baby. Wir hatten Angst, weil es so laut weinte. Sie haben von draußen in die Kammer geschossen. Das Baby hörte auf, aber dann fing es wieder an, und die Soldaten kamen zurück. Wir hörten ihre Stiefel. Ich lag unter meiner Tante, Sie hat viele Kugeln abgekriegt, ich nur drei. Sie hat geflüstert: ‚Sei still, sei still.‘ Da bin ich eingeschlafen.

    Später bin ich aufgewacht. Alles war still. Meine Tante lag tot über mir. Meine Großmutter hatte sich in einem Schrank versteckt, jetzt hing sie halb heraus, die Kugeln waren durch das Holz gegangen. Draußen lag meine Mutter, ihr halbes Gesicht war weg. Viele Häuser brannten, etwas weiter fand ich meine Geschwister, daneben meinen Freund Huang. Dann bin ich an diesen Graben gekommen. Er war voll mit roten Leibern.“

    Dort fanden Bauern aus dem Nachbardorf die bewußtlose und blutende Pan Thi Trinh und brachten sie ins Krankenhaus. Fünf Dorfbewohner überlebten das Massaker; 507 starben an diesem Morgen, unter ihnen 173 Kinder, 76 Babys und 60 Greise.

    „Glückwünsche den Offizieren und Mannschaften zum ausgezeichneten Gefecht“, telegraphierte General Westmoreland, damals Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Vietnam, an die Einheit „Charlie Company“, welche die Unbewaffneten hingerichtet hatte. „128 Gegner im Kampf getötet, 13 Verdächtige festgenommen und drei Waffen erbeutet“ – so hieß es im offiziellen Gefechtsbericht von „Charlie Company“ über das Massaker. Die Aktion prangte auf den Titelseiten der amerikanischen Zeitungen, als großer Schlag gegen die Vietcong, als erfolgreichste Aktion der „Americal“-Division im gesamten Vietnamkrieg. 18 Monate später erfuhren die Amerikaner und der Rest der Welt, was in My Lai wirklich passiert war – eigentlich nur durch Zufall.

    Der Soldat Ron Ridenhour, dem Kameraden vom Massaker berichteten, hatte nach seiner Entlassung aus der Army, ein Jahr nach dem Vorfall, einen Brief verfaßt und ihn an 30 Personen geschickt, unter anderem an Präsident Richard Nixon, Senator Edward Kennedy und verschiedene Abgeordnete. Nur zwei der Abgeordneten gingen den Vorwürfen nach und veranlaßten eine (streng geheime) Untersuchung der My-Lai-Aktion. Der Journalist Seymour Hersh kam dahinter und veröffentlichte seine Story in 30 kleineren Zeitungen, nachdem zwei große abgewinkt hatten. Kurz darauf tauchten in Zeitungen Photos vom Massaker auf, aufgenommen vom damals beteiligten Army-Photographen, der sie nun – als Zivilist – für 55 000 Dollar verkaufte.

    Calley damals: „Unser Hubschrauber war der erste, der an dem Dorf ankam. Wir sprangen heraus und suchten Deckung. Unsere Bomber bearbeiteten das Dorf noch. Dann kam unser Einsatzbefehl. Wir begannen mit schwerem Feuer [...] Ich kam an ein großes Haus aus Steinen und guckte durch ein Fenster. Sechs oder acht Menschen lagen auf dem Boden. Ein Mann ging gerade zum Fenster. Ich erschoß ihn. Dann stand da ein Mann am Kamin, sah aus, als ob er da rausgekrochen sei. Ich erschoß ihn ... Einer von meinen Leuten hatte sich ein vietnamesisches Mädchen geschnappt, seine Hosen waren schon runter. Es mag altmodisch klingen, aber ich bin gegen Vergewaltigung im Gefecht Das gehört nicht zu unserem Job, das lenkt nur ab ... Meine Männer hatten eine große Gruppe von Dorfbewohnern zusammengetrieben. Wir kamen zu langsam voran. Über Funk beschwerte sich Captain Medina, warum wir so lange brauchen. .Beseitigen Sie diese Leute, aber schnell.’ Ich sagte zu Mitchell: ‚Stell dein Maschinengewehr da bei den drei Bäumen auf ...“ Etwas weiter, an einem Wassergraben, hatten meine Leute einen Haufen Vietnamesen vor sich und schossen auf sie. Ich stellte mich dazu und hielt auch hinein.“ [...]

    Grenadier Conti: „Ich sah das Mündungsfeuer, schaute nach unten und sah eine Frau, die versuchte, noch hochzukommen. Lieutenant Calley zielte auf sie und schoß ihren halben Kopf weg.“ [...]

    Funker Sledge: Jemand schrie, da ist ein Kind. Es rannte ins Dorf zurück. Lieutenant Calley lief hinterher, grabschte den Kleinen am Arm, warf ihn in den Graben und schoß.“

    Calley: „Babys! Die kleinen unschuldigen Babys! Falls Ihr Sohn eines Tages von diesen Babys getötet wird, werden Sie mich anschreien: Warum haben Sie damals diese Babys nicht umgelegt?“ [...]

    „O ja, ich habe Mr. Calley immer bewundert und respektiert“, sagt Jack Mickells, in den siebziger Jahren Bürgermeister von Columbus. „Er ist einer der besten Männer, die ich je kennengelernt habe. Er spendet für alle noblen Zwecke. Ich würde alles für ihn tun. Wir haben ihn den ganzen langen Weg unterstützt.“

    Entdeckt haben die Bewohner von Columbus ihren hervorragenden Bürger am 5. September 1969. Bis zu diesem Tag war William Calley Jr. ein Niemand: Der 666. Beste eines Jahrganges von 731 Schülern auf der High School, der 120. von 156 Offiziersanwärtern auf der Militärschule in Fort Benning. Zwischen Schule und Militär war er als Tellerwäscher, Busschaffner, Versicherungsdetektiv gescheitert; ein 160 Zentimeter kleiner, unscheinbarer 24jähriger ohne Freund und Freundin, für den der Krieg die letzte Chance war, aus seinem Leben noch etwas zu machen. Seine 26 Untergebenen dirigierte er mit dem Standardsatz: „I’m the boss.“ Er erkämpfte sich einen „Bronce Star“ und das „Purple Heart“ und verlängerte freiwillig seinen Dienst in Vietnam. Als das Pentagon ihn von der Front ins Heimatfort beorderte, dachte er: „Jetzt kriege ich noch einen Orden.“

    Am 5. September 1969 verkündete die Armee, nach Abschluß der Voruntersuchungen und 18 Monate nach dem Massaker, daß Lieutenant William Calley Jr. wegen Mordes an 102 „menschlichorientalischen Wesen“ angeklagt sei. Die Zeitungsmeldung erregte noch kein großes Aufsehen, erst als die Bilder vom Massaker erschienen, schreckten die Amerikaner auf. Nachdem sich das erste Entsetzen gelegt hatte, beruhigten sie sich mit der Feststellung, daß ein Amerikaner wohl nicht ohne Grund 102 Vietnamesen töte. Im November 1970, als im Fort Benning in Columbus der Militärprozeß gegen Calley begann, war der Lieutenant schon ein Volksheld, ein Opfer und kein Täter mehr.

    In Columbus konnte er in den Restaurants kostenlos essen, aus allen Teilen der Staaten bekam er von Familien Briefe mit Einladungen, und die Offiziere klopften ihm auf die Schulter. Unbefangene Geschworene waren kaum zu finden; ein für das Amt vorgeschlagener Hauptmann äußerte gar, der Angeklagte gehöre nicht bestraft, sondern befördert.

    Als Calley schließlich zu lebenslänglich Gefängnis verurteilt wurde, wegen 22fachen vorsätzlichen Mordes, schlug ihn das Volk endgültig zum Märtyrer. „Sie haben ihn gekreuzigt“, riefen Menschen vor dem Gerichtsgebäude. Mehr als 100 000 Telegramme überschwemmten das Weiße Haus. Selbst Vietnamkriegsgegner forderten „free Calley“. Hunderte von Soldaten erklärten: „Wir haben das gleiche getan wie Calley, verurteilt uns auch!“

    Calley war zum Inbegriff des pflichtbewußten amerikanischen Soldaten geworden, der tut, was man ihm befohlen hat, und dafür verurteilt wird. Calleys Verteidiger: „Sie waren gute amerikanische Jungs, die zum Töten erzogen, und zum Töten nach Übersee geschickt wurden, denen das Töten befohlen wurde und die nun Mörder sein sollen, weil sie ihren Job gemacht haben?“ [...]

    Calley: „Ich habe an diesem Tag in My Lai keinen Menschen getötet, nicht ich als Person tat es. Ich tat es für die Vereinigten Staaten von Amerika, mein Land. Und wir waren nicht da, um menschliche Wesen zu töten. Wir waren da, um eine Ideologie zu töten. Um den Kommunismus zu zerstören.“ [...]

    Dörfer und ihre Bewohner zu zerstören, um sie vor den Kommunisten zu retten, das war Teil der amerikanischen Strategie im Vietnamkrieg. Ganze Landstriche wurden zur free-fire-zone erklärt, die Bevölkerung dieser Gebiete zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert, und fortan war jedes menschliche Wesen in diesen Zonen Freiwild. Bomben, in 10 000 Meter Höhe irgendwo über den Wolken ausgeklinkt, töteten hier Zehntausende Zivilisten. Calleys Verteidiger: „Es ist in Ordnung, wenn die Air Force Städte bombardiert. Es ist in Ordnung, wenn die Artillerie Gebäude zusammenschießt und das Leben aller auslöscht. Aber wenn ein Infanterist sein Gewehr für den gleichen Zweck einsetzt, soll das auf einmal falsch sein?“ Calley: „Was ist ein Massaker? Eine Atombombe auf Hiroshima ist kein Massaker, aber hundert Leute sind eins?“ [...]

    Je länger der Prozeß dauerte, um so gewöhnlicher, normaler, alltäglicher wurde das Massaker von My Lai. Colonel Oran Henderson, der Kommandeur von Calleys Brigade, konnte schließlich erklären: Jede Brigade in Vietnam hatte ihr My Lai, aber nicht jede hatte einen Ridenhour, der es verrät.“ [...]

    Prozeßbeobachtern war aufgefallen, daß der Anwalt von Calley während der sechsmonatigen Verhandlung wenig getan hatte, um höhere Militärs zu belasten oder sie vor Gericht zu laden. Der Ankläger hielt sich strikt daran, nur Calleys Verhalten anzuklagen: „Er (Calley) veranstaltete das ganze Unternehmen in eigener Initiative und auf seine eigene Art.“ Von dem anfangs von Militärjuristen geäußerten Vorhaben, einen Massenprozeß nach dem Vorbild der Kriegsverbrecherprozesse von Nürnberg abzuhalten, war nicht mehr die Rede. 25 Mitwisser und Mittäter hatte die militärische Untersuchungskommission ermittelt, Calley jedoch wurde als einziger verurteilt. Nur fünf Soldaten wurden überhaupt vor Gericht gestellt.

    Ein Sergeant wurde mit der Begründung freigesprochen, er habe lediglich Befehle ausgeführt. Einer seiner Richter erklärte: „Ein Soldat sollte auch ungesetzlichen Befehlen eines Offiziers gehorchen, denn er ist ein blinder Vollstrecker der Anordnungen seines Vorgesetzten.“ Calleys Divisionskommandeur Koster, zum Zeitpunkt der Ermittlungen Leiter der Offiziershochschule „West Point“, wurde von der Beschuldigung freigesprochen, das Massaker zumindest vertuscht zu haben. Sein Richter war Lieutenant General Seaman, als Kommandeur der 1. US-Division beschuldigt, in Vietnam für besonders grausame Morde an Zivilisten verantwortlich zu sein.

    „Es ist uns offensichtlich nicht gelungen, das zu lernen, was wir uns angemaßt haben, in Nürnberg zu lehren“, urteilte resigniert der amerikanische Hauptankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, Telford Taylor. Der pensionierte General forderte vergeblich, den Oberbefehlshaber in Vietnam, William Westmoreland, vor Gericht zu stellen.
    Auch als Verurteilter blieb Calley seiner Regierung ergeben und sah sich als Sündenbock für Volk und Army. Calley über seine Rolle: „In den Zeitungen ein Haufen von toten Frauen, Kindern und Babys. Die amerikanische Regierung konnte nicht sagen, oh, so ist es überall in Vietnam. Sie mußte zwei Millionen Kriegs Veteranen und 100 Millionen Bürger schützen. Sie mußte jedermann sagen: ‚Ein verrückter Killer hat es getan.‘“ [...]

    Massaker wie in My Lai und My Khe habe es Anfang März 1968 in 31 Orten Südvietnams gegeben, behauptete damals die vietnamesische Befreiungsfront. Die Aktion solle die Bevölkerung einschüchtern und von der Unterstützung der während der Tet-Offensive so erfolgreichen Partisanen abhalten. [...]

    Bereits unmittelbar nach dem Schuldspruch hatte sich Nixon in das Calley-Verfahren eingemischt. Der Präsident ordnete an, den Verurteilten aus dem Gefängnis von Fort Leavenworth zu entlassen und bis zu seiner Berufungsverhandlung lediglich unter Hausarrest zu stellen. Calley durfte in seine Wohnung im Militärstützpunkt nach Columbus zurückkehren und eine Sekretärin zur Erledigung seiner Fan-Post beschäftigen. Der Ankläger der Army schrieb Nixon einen entsetzten Brief [..]

    Fünf Monate nach Calleys Verurteilung zu lebenslanger Haft reduzierte die Army seine Strafe auf 20 Jahre Arrest. Nixons Heeresminister Callaway kürzte noch einmal, auf zehn Jahre, und entließ Calley nach Verbüßung von dreieinhalb Jahren endgültig aus dem Militärgefängnis. Der Lieutenant habe während des Massakers geglaubt, „in Übereinstimmung mit den Befehlen zu handeln, die er erhalten habe“, erklärte der Minister, außerdem sei er „nur einer von vielen, die in diese Affäre verstrickt seien“. Da es keine Anzeichen dafür gebe, daß Calley eine Gefahr für irgend jemanden sei, könne man ihn freilassen. [...]

    Der Massenmörder verließ das Gefängnis als gemachter Mann. In Columbus war seine Popularität am größten, und so blieb Calley dort, wo sein Leben diese glückliche Wendung genommen hatte. In der Nähe von Fort Benning, dort, wo er vom Durchschnittsamerikaner zum Lieutenant ausgebildet worden war, und wo er des mehrfachen Mordes an „menschlichen orientalischen Wesen“ schuldig befunden wurde, kaufte er sich von dem Geld, das er für Interviews bekommen hatte, ein Haus. Der berühmteste Bürger von Columbus blieb nicht lange allein. Sein Leben lang hatte Calley kein Glück bei den Frauen gehabt, nun interessierte sich die Tochter des Juweliers Vick für den tapferen Soldaten. Er heiratete sie – und den Laden ihres Vaters. Rambo war Juwelier geworden. [...]

    Drei Sack Reis hat Pan Thi Trinh von der südvietnamesischen Regierung als Wiedergutmachung bekommen, damals, als das Massaker durch die Zeitungen ging. Von der amerikanischen Regierung hat sie bis heute nichts erhalten. [...]

    Aus Calleys Juwelierladen tritt ein GI im Kampfanzug. Ich steige aus dem Auto aus, folge ihm und spreche ihn an. Er stammt aus Atlanta und ist zur Ausbildung im Fort Benning; noch immer befindet sich in Columbus eines der größten Trainingscamps der Army. Von My Lai hat er gehört, schlimm sei das gewesen. Es gebe einen Trainingsfilm über die Behandlung von Zivilisten im Krieg, der werde den GIs zur Abschreckung gezeigt. „Uns wird gesagt, daß wir solche Befehle verweigern müssen.“ Lieutenant Calley? Nie gehört. [...]

    Sie hatten gerade den Film „Iron Eagle“ gesehen: Der Sohn eines in Vietnam mehrfach ausgezeichneten Kampffliegers stiehlt eine F-16, um damit seinen inzwischen „irgendwo in Nordafrika“ in Gefangenschaft geratenen Vater aus den Klauen eines unberechenbaren Diktators freizubomben. Laut johlend hatte das GI-Heer im Kino jeden Treffer gefeiert. Im Vorprogramm lief die Ankündigung des Films „Top Gun“: Der Sohn eines in Vietnam verschollenen Fliegerhelden schießt sich zum Top-Flieger hoch und holt im Finale mehrere sowjetische MIGs vom Himmel – trampelnder Beifall.

    Zehn Jahre nach seinem Ende verwandelt sich der Vietnamkrieg auf der Leinwand in einen Krieg voller Heldentaten, der nur deswegen nicht gewonnen wurde, weil die Männer mit den nackten Oberkörpern nicht so bomben und töten durften wie sie wollten; nun soll zumindest in Breitwand das unfinished business zu Ende gebracht werden, in Vietnam, Libyen und überall sonst, wo diese gooks und dyinks hausen.

    „Ich fühle mich diesen Leuten überlegen. Ich bin der Amerikaner von der anderen Seite des Ozeans. Ich kann es diesen Leuten zeigen“ (Calley).

    Einer der Soldaten im Kino trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck: Join the Army, travel to distant countries, meet interesting people – and kill them.“ [...]

    Der Vietnamkrieg wurde während des vergangenen Jahrzehnts einer Schönheitskur unterzogen. „Ich denke, die Amerikaner haben in Vietnam einen guten Eindruck gemacht“, sagt der Ex-GI und „Dallas“-Star Ray Krebs. „Meine Einheit hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Ich bin den Leuten überlegen, die diese Erfahrungen nicht gemacht haben.“ Am diesjährigen Memorial Day erklärte der Präsident der Amerikaner die Jungs von Vietnam“ zum Vorbild für die heutige Jugend: „Sie entschieden sich, ehrlich zu sein. Sie entschieden sich, dem modischen Skeptizismus ihrer Zeit zu widerstehen. Sie entschieden sich, dem Ruf der Pflicht zu folgen.“

    „Ich führe meine Befehle aus. Dafür ist die Armee da. Wenn die Amerikaner sagen: ‚Löscht Südamerika aus‘, wird es die Army machen. Wenn eine Mehrheit sagt, Lieutenant, los, massakrieren Sie tausend Feinde, werde ich tausend Feinde massakrieren“ (Calley).

    Die völkische Gehirnwäsche, die in zehn Jahren aus einem viehischen Krieg eine noble Sache gemacht hat, findet außer in Präsidentenreden im Kinosaal statt. Im Kino-Center von Columbus waren fünf von sechs Filmen hochmoderne Kriegsstreifen, in denen der Vietnamkrieg weitergeführt oder woanders neu begonnen wird. Die GIs auf der Leinwand zeigen ihren Kollegen im Parkett, wie geil Krieg ist, wie erotisch der Luftkampf und wie orgiastisch der Abschuß ist – Krieg als die Fortsetzung des Lebens mit lustigen Mitteln.

    „Vier fünfzig-kalibrige Maschinengewehre am Heck gaben Dauerfeuer: das war Ballerei à gogo. Das ist das Großartigste auf der Welt... Ein LSD-Trip ist in etwa so wie ein Morgen in My Lai. Oder sonstwo. Hinterher fragst du dich: Nun, was habe ich getan, einen Haufen Deutscher oder Japaner oder Vietnamesen umgebracht. Big goddamn deal“ (Calley).

    „Damals“, so sagte ein Vietnam-Veteran am Memorial Day in einer Fernsehsendung, „fanden alle meine Freunde Krieg fürchterlich, aber ich ging nach Vietnam. Heute habe ich das komische Gefühl, Krieg ist schick geworden, und ich komme mir vor, als sei ich nicht von heute.“ Keiner verkörpert den Sinneswandel besser als „Rambo“ Sylvester Stallone. Während des Vietnamkrieges entzog sich Stallone dem Wehrdienst und diente als Leibwächter in einem Schweizer Mädcheninternat, heute ist Rambo der Rammbock der modernen Kriegsmentalität. [...]

    Ein Mercedes-Kombi fährt vor. Calley eilt aus dem Laden, hinter einer Aktentasche sein Gesicht verbergend, und schlüpft in den Fond des Wagens. Seine Frau sitzt am Steuer und gibt Gas. [...]

    Mitarbeit: Stefanie Rosenkranz

    http://www.zeit.de/1986/38/my-lai-die-karriere-eines-kriegsverbrechers