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Dann bin ich ja ein Mörder - Die SS Soldaten [Doku deutsch]
Published on 3 Sep 2013
Am 29. März 1945 erschießen drei SS-Männer im burgenländischen Ort Deutsch Schützen-Eisenberg knapp 60 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter. Das Verbrechen ist als "Massaker von Deutsch Schützen" in die Geschichte eingegangen. Einer der mutmaßlichen Mörder ist SS-Unterscharführer Adolf Storms, der für die Tat nie zur Rechenschaft gezogen wurde. 63 Jahre danach hat der Politikwissenschaftler und Historiker Walter Manoschek den unbehelligt als Pensionist in Duisburg lebenden Adolf Storms (1919 -- 2010) gefunden. Für seinen Dokumentarfilm, der schließlich den Titel "... dann bin ich ja ein Mörder" bekommt, spricht Manoschek mit Storms, tatbeteiligten HJ-Führern und den Menschen, die das Massaker überlebten. Er rekonstruiert das Verbrechen und stellt Fragen nach dem Vergessen, dem Verdrängen und der Verantwortung. Dabei verfällt Manoschek nie in die Rolle des Verhörenden. Er bleibt Journalist, der aus seinen Interviewpartnern, vor allem aus Adolf Storms, hermeneutisch und präzise nach und nach die Wahrheit herausholt.
http://www.youtube.com/watch?v=qlOz8H-6J7k
"... das juedisch-bolschewistische System vernichten ..."
General von Manstein
Einer der Wehrmachtoffiziere, die in der neuen Bundeswehr wieder verwendet wurden
http://www.youtube.com/watch?v=TdgxhkpLNUw
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Propagandaplakat der SA: "Der Terrorismus der Linken ist nur mit noch staerkerem Terrorismus zu schlagen" Bild gefunden auf http://www.encyclopedie.bseditions.fr /article_complet.php?pArticleId=113&ar |
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Mord an „menschlich-orientalischen Wesen“
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My Lai - die Karriere eines Kriegsverbrechens
Pan Thi Trinh zeigt zwischen zwei Bananenbäumen hindurch auf einen Graben. „Hier an dieser Stelle haben sie gelegen, über hundert Frauen, Kinder und Babys, und alle voller Blut.“ – „Was ist passiert, an jenem 16. März 1968?“ – „Ich war an dem Morgen sehr früh wach“, erzählt die junge Frau, die damals ein l0jähriges Mädchen war. „Ich hörte in der Ferne die Hubschrauber. Wir krochen schnell in unsere Erdlöcher. Eine Stunde lang explodierten Granaten, knatterten Maschinengewehre. Dann war es still. Ich dachte, alles sei vorbei und kroch heraus. Aber da standen drei Soldaten vor mir, auch ein Neger. Die schrien mich an, ich verstand aber nichts. Sie schlugen mit den Gewehren und trieben uns zu unseren Nachbarn und schossen auf uns. Meine Mutter fiel um. Ich hatte einen Schuß im Arm. ‚Lauf weg‘, flüsterte meine Mutter. ’Lauf weg, ganz weit weg.‘ Ich lief nach hinten in eine Kammer, dort lag schon meine Tante mit ihrem Baby. Wir hatten Angst, weil es so laut weinte. Sie haben von draußen in die Kammer geschossen. Das Baby hörte auf, aber dann fing es wieder an, und die Soldaten kamen zurück. Wir hörten ihre Stiefel. Ich lag unter meiner Tante, Sie hat viele Kugeln abgekriegt, ich nur drei. Sie hat geflüstert: ‚Sei still, sei still.‘ Da bin ich eingeschlafen.
Später bin ich aufgewacht. Alles war still. Meine Tante lag tot über mir. Meine Großmutter hatte sich in einem Schrank versteckt, jetzt hing sie halb heraus, die Kugeln waren durch das Holz gegangen. Draußen lag meine Mutter, ihr halbes Gesicht war weg. Viele Häuser brannten, etwas weiter fand ich meine Geschwister, daneben meinen Freund Huang. Dann bin ich an diesen Graben gekommen. Er war voll mit roten Leibern.“
Dort fanden Bauern aus dem Nachbardorf die bewußtlose und blutende Pan Thi Trinh und brachten sie ins Krankenhaus. Fünf Dorfbewohner überlebten das Massaker; 507 starben an diesem Morgen, unter ihnen 173 Kinder, 76 Babys und 60 Greise.
„Glückwünsche den Offizieren und Mannschaften zum ausgezeichneten Gefecht“, telegraphierte General Westmoreland, damals Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Vietnam, an die Einheit „Charlie Company“, welche die Unbewaffneten hingerichtet hatte. „128 Gegner im Kampf getötet, 13 Verdächtige festgenommen und drei Waffen erbeutet“ – so hieß es im offiziellen Gefechtsbericht von „Charlie Company“ über das Massaker. Die Aktion prangte auf den Titelseiten der amerikanischen Zeitungen, als großer Schlag gegen die Vietcong, als erfolgreichste Aktion der „Americal“-Division im gesamten Vietnamkrieg. 18 Monate später erfuhren die Amerikaner und der Rest der Welt, was in My Lai wirklich passiert war – eigentlich nur durch Zufall.
Der Soldat Ron Ridenhour, dem Kameraden vom Massaker berichteten, hatte nach seiner Entlassung aus der Army, ein Jahr nach dem Vorfall, einen Brief verfaßt und ihn an 30 Personen geschickt, unter anderem an Präsident Richard Nixon, Senator Edward Kennedy und verschiedene Abgeordnete. Nur zwei der Abgeordneten gingen den Vorwürfen nach und veranlaßten eine (streng geheime) Untersuchung der My-Lai-Aktion. Der Journalist Seymour Hersh kam dahinter und veröffentlichte seine Story in 30 kleineren Zeitungen, nachdem zwei große abgewinkt hatten. Kurz darauf tauchten in Zeitungen Photos vom Massaker auf, aufgenommen vom damals beteiligten Army-Photographen, der sie nun – als Zivilist – für 55 000 Dollar verkaufte.
Calley damals: „Unser Hubschrauber war der erste, der an dem Dorf ankam. Wir sprangen heraus und suchten Deckung. Unsere Bomber bearbeiteten das Dorf noch. Dann kam unser Einsatzbefehl. Wir begannen mit schwerem Feuer [...] Ich kam an ein großes Haus aus Steinen und guckte durch ein Fenster. Sechs oder acht Menschen lagen auf dem Boden. Ein Mann ging gerade zum Fenster. Ich erschoß ihn. Dann stand da ein Mann am Kamin, sah aus, als ob er da rausgekrochen sei. Ich erschoß ihn ... Einer von meinen Leuten hatte sich ein vietnamesisches Mädchen geschnappt, seine Hosen waren schon runter. Es mag altmodisch klingen, aber ich bin gegen Vergewaltigung im Gefecht Das gehört nicht zu unserem Job, das lenkt nur ab ... Meine Männer hatten eine große Gruppe von Dorfbewohnern zusammengetrieben. Wir kamen zu langsam voran. Über Funk beschwerte sich Captain Medina, warum wir so lange brauchen. .Beseitigen Sie diese Leute, aber schnell.’ Ich sagte zu Mitchell: ‚Stell dein Maschinengewehr da bei den drei Bäumen auf ...“ Etwas weiter, an einem Wassergraben, hatten meine Leute einen Haufen Vietnamesen vor sich und schossen auf sie. Ich stellte mich dazu und hielt auch hinein.“ [...]
Grenadier Conti: „Ich sah das Mündungsfeuer, schaute nach unten und sah eine Frau, die versuchte, noch hochzukommen. Lieutenant Calley zielte auf sie und schoß ihren halben Kopf weg.“ [...]
Funker Sledge: Jemand schrie, da ist ein Kind. Es rannte ins Dorf zurück. Lieutenant Calley lief hinterher, grabschte den Kleinen am Arm, warf ihn in den Graben und schoß.“
Calley: „Babys! Die kleinen unschuldigen Babys! Falls Ihr Sohn eines Tages von diesen Babys getötet wird, werden Sie mich anschreien: Warum haben Sie damals diese Babys nicht umgelegt?“ [...]
„O ja, ich habe Mr. Calley immer bewundert und respektiert“, sagt Jack Mickells, in den siebziger Jahren Bürgermeister von Columbus. „Er ist einer der besten Männer, die ich je kennengelernt habe. Er spendet für alle noblen Zwecke. Ich würde alles für ihn tun. Wir haben ihn den ganzen langen Weg unterstützt.“
Entdeckt haben die Bewohner von Columbus ihren hervorragenden Bürger am 5. September 1969. Bis zu diesem Tag war William Calley Jr. ein Niemand: Der 666. Beste eines Jahrganges von 731 Schülern auf der High School, der 120. von 156 Offiziersanwärtern auf der Militärschule in Fort Benning. Zwischen Schule und Militär war er als Tellerwäscher, Busschaffner, Versicherungsdetektiv gescheitert; ein 160 Zentimeter kleiner, unscheinbarer 24jähriger ohne Freund und Freundin, für den der Krieg die letzte Chance war, aus seinem Leben noch etwas zu machen. Seine 26 Untergebenen dirigierte er mit dem Standardsatz: „I’m the boss.“ Er erkämpfte sich einen „Bronce Star“ und das „Purple Heart“ und verlängerte freiwillig seinen Dienst in Vietnam. Als das Pentagon ihn von der Front ins Heimatfort beorderte, dachte er: „Jetzt kriege ich noch einen Orden.“
Am 5. September 1969 verkündete die Armee, nach Abschluß der Voruntersuchungen und 18 Monate nach dem Massaker, daß Lieutenant William Calley Jr. wegen Mordes an 102 „menschlichorientalischen Wesen“ angeklagt sei. Die Zeitungsmeldung erregte noch kein großes Aufsehen, erst als die Bilder vom Massaker erschienen, schreckten die Amerikaner auf. Nachdem sich das erste Entsetzen gelegt hatte, beruhigten sie sich mit der Feststellung, daß ein Amerikaner wohl nicht ohne Grund 102 Vietnamesen töte. Im November 1970, als im Fort Benning in Columbus der Militärprozeß gegen Calley begann, war der Lieutenant schon ein Volksheld, ein Opfer und kein Täter mehr.
In Columbus konnte er in den Restaurants kostenlos essen, aus allen Teilen der Staaten bekam er von Familien Briefe mit Einladungen, und die Offiziere klopften ihm auf die Schulter. Unbefangene Geschworene waren kaum zu finden; ein für das Amt vorgeschlagener Hauptmann äußerte gar, der Angeklagte gehöre nicht bestraft, sondern befördert.
Als Calley schließlich zu lebenslänglich Gefängnis verurteilt wurde, wegen 22fachen vorsätzlichen Mordes, schlug ihn das Volk endgültig zum Märtyrer. „Sie haben ihn gekreuzigt“, riefen Menschen vor dem Gerichtsgebäude. Mehr als 100 000 Telegramme überschwemmten das Weiße Haus. Selbst Vietnamkriegsgegner forderten „free Calley“. Hunderte von Soldaten erklärten: „Wir haben das gleiche getan wie Calley, verurteilt uns auch!“
Calley war zum Inbegriff des pflichtbewußten amerikanischen Soldaten geworden, der tut, was man ihm befohlen hat, und dafür verurteilt wird. Calleys Verteidiger: „Sie waren gute amerikanische Jungs, die zum Töten erzogen, und zum Töten nach Übersee geschickt wurden, denen das Töten befohlen wurde und die nun Mörder sein sollen, weil sie ihren Job gemacht haben?“ [...]
Calley: „Ich habe an diesem Tag in My Lai keinen Menschen getötet, nicht ich als Person tat es. Ich tat es für die Vereinigten Staaten von Amerika, mein Land. Und wir waren nicht da, um menschliche Wesen zu töten. Wir waren da, um eine Ideologie zu töten. Um den Kommunismus zu zerstören.“ [...]
Dörfer und ihre Bewohner zu zerstören, um sie vor den Kommunisten zu retten, das war Teil der amerikanischen Strategie im Vietnamkrieg. Ganze Landstriche wurden zur free-fire-zone erklärt, die Bevölkerung dieser Gebiete zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert, und fortan war jedes menschliche Wesen in diesen Zonen Freiwild. Bomben, in 10 000 Meter Höhe irgendwo über den Wolken ausgeklinkt, töteten hier Zehntausende Zivilisten. Calleys Verteidiger: „Es ist in Ordnung, wenn die Air Force Städte bombardiert. Es ist in Ordnung, wenn die Artillerie Gebäude zusammenschießt und das Leben aller auslöscht. Aber wenn ein Infanterist sein Gewehr für den gleichen Zweck einsetzt, soll das auf einmal falsch sein?“ Calley: „Was ist ein Massaker? Eine Atombombe auf Hiroshima ist kein Massaker, aber hundert Leute sind eins?“ [...]
Je länger der Prozeß dauerte, um so gewöhnlicher, normaler, alltäglicher wurde das Massaker von My Lai. Colonel Oran Henderson, der Kommandeur von Calleys Brigade, konnte schließlich erklären: Jede Brigade in Vietnam hatte ihr My Lai, aber nicht jede hatte einen Ridenhour, der es verrät.“ [...]
Prozeßbeobachtern war aufgefallen, daß der Anwalt von Calley während der sechsmonatigen Verhandlung wenig getan hatte, um höhere Militärs zu belasten oder sie vor Gericht zu laden. Der Ankläger hielt sich strikt daran, nur Calleys Verhalten anzuklagen: „Er (Calley) veranstaltete das ganze Unternehmen in eigener Initiative und auf seine eigene Art.“ Von dem anfangs von Militärjuristen geäußerten Vorhaben, einen Massenprozeß nach dem Vorbild der Kriegsverbrecherprozesse von Nürnberg abzuhalten, war nicht mehr die Rede. 25 Mitwisser und Mittäter hatte die militärische Untersuchungskommission ermittelt, Calley jedoch wurde als einziger verurteilt. Nur fünf Soldaten wurden überhaupt vor Gericht gestellt.
Ein Sergeant wurde mit der Begründung freigesprochen, er habe lediglich Befehle ausgeführt. Einer seiner Richter erklärte: „Ein Soldat sollte auch ungesetzlichen Befehlen eines Offiziers gehorchen, denn er ist ein blinder Vollstrecker der Anordnungen seines Vorgesetzten.“ Calleys Divisionskommandeur Koster, zum Zeitpunkt der Ermittlungen Leiter der Offiziershochschule „West Point“, wurde von der Beschuldigung freigesprochen, das Massaker zumindest vertuscht zu haben. Sein Richter war Lieutenant General Seaman, als Kommandeur der 1. US-Division beschuldigt, in Vietnam für besonders grausame Morde an Zivilisten verantwortlich zu sein.
„Es ist uns offensichtlich nicht gelungen, das zu lernen, was wir uns angemaßt haben, in Nürnberg zu lehren“, urteilte resigniert der amerikanische Hauptankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, Telford Taylor. Der pensionierte General forderte vergeblich, den Oberbefehlshaber in Vietnam, William Westmoreland, vor Gericht zu stellen.
Auch als Verurteilter blieb Calley seiner Regierung ergeben und sah sich als Sündenbock für Volk und Army. Calley über seine Rolle: „In den Zeitungen ein Haufen von toten Frauen, Kindern und Babys. Die amerikanische Regierung konnte nicht sagen, oh, so ist es überall in Vietnam. Sie mußte zwei Millionen Kriegs Veteranen und 100 Millionen Bürger schützen. Sie mußte jedermann sagen: ‚Ein verrückter Killer hat es getan.‘“ [...]
Massaker wie in My Lai und My Khe habe es Anfang März 1968 in 31 Orten Südvietnams gegeben, behauptete damals die vietnamesische Befreiungsfront. Die Aktion solle die Bevölkerung einschüchtern und von der Unterstützung der während der Tet-Offensive so erfolgreichen Partisanen abhalten. [...]
Bereits unmittelbar nach dem Schuldspruch hatte sich Nixon in das Calley-Verfahren eingemischt. Der Präsident ordnete an, den Verurteilten aus dem Gefängnis von Fort Leavenworth zu entlassen und bis zu seiner Berufungsverhandlung lediglich unter Hausarrest zu stellen. Calley durfte in seine Wohnung im Militärstützpunkt nach Columbus zurückkehren und eine Sekretärin zur Erledigung seiner Fan-Post beschäftigen. Der Ankläger der Army schrieb Nixon einen entsetzten Brief [..]
Fünf Monate nach Calleys Verurteilung zu lebenslanger Haft reduzierte die Army seine Strafe auf 20 Jahre Arrest. Nixons Heeresminister Callaway kürzte noch einmal, auf zehn Jahre, und entließ Calley nach Verbüßung von dreieinhalb Jahren endgültig aus dem Militärgefängnis. Der Lieutenant habe während des Massakers geglaubt, „in Übereinstimmung mit den Befehlen zu handeln, die er erhalten habe“, erklärte der Minister, außerdem sei er „nur einer von vielen, die in diese Affäre verstrickt seien“. Da es keine Anzeichen dafür gebe, daß Calley eine Gefahr für irgend jemanden sei, könne man ihn freilassen. [...]
Der Massenmörder verließ das Gefängnis als gemachter Mann. In Columbus war seine Popularität am größten, und so blieb Calley dort, wo sein Leben diese glückliche Wendung genommen hatte. In der Nähe von Fort Benning, dort, wo er vom Durchschnittsamerikaner zum Lieutenant ausgebildet worden war, und wo er des mehrfachen Mordes an „menschlichen orientalischen Wesen“ schuldig befunden wurde, kaufte er sich von dem Geld, das er für Interviews bekommen hatte, ein Haus. Der berühmteste Bürger von Columbus blieb nicht lange allein. Sein Leben lang hatte Calley kein Glück bei den Frauen gehabt, nun interessierte sich die Tochter des Juweliers Vick für den tapferen Soldaten. Er heiratete sie – und den Laden ihres Vaters. Rambo war Juwelier geworden. [...]
Drei Sack Reis hat Pan Thi Trinh von der südvietnamesischen Regierung als Wiedergutmachung bekommen, damals, als das Massaker durch die Zeitungen ging. Von der amerikanischen Regierung hat sie bis heute nichts erhalten. [...]
Aus Calleys Juwelierladen tritt ein GI im Kampfanzug. Ich steige aus dem Auto aus, folge ihm und spreche ihn an. Er stammt aus Atlanta und ist zur Ausbildung im Fort Benning; noch immer befindet sich in Columbus eines der größten Trainingscamps der Army. Von My Lai hat er gehört, schlimm sei das gewesen. Es gebe einen Trainingsfilm über die Behandlung von Zivilisten im Krieg, der werde den GIs zur Abschreckung gezeigt. „Uns wird gesagt, daß wir solche Befehle verweigern müssen.“ Lieutenant Calley? Nie gehört. [...]
Sie hatten gerade den Film „Iron Eagle“ gesehen: Der Sohn eines in Vietnam mehrfach ausgezeichneten Kampffliegers stiehlt eine F-16, um damit seinen inzwischen „irgendwo in Nordafrika“ in Gefangenschaft geratenen Vater aus den Klauen eines unberechenbaren Diktators freizubomben. Laut johlend hatte das GI-Heer im Kino jeden Treffer gefeiert. Im Vorprogramm lief die Ankündigung des Films „Top Gun“: Der Sohn eines in Vietnam verschollenen Fliegerhelden schießt sich zum Top-Flieger hoch und holt im Finale mehrere sowjetische MIGs vom Himmel – trampelnder Beifall.
Zehn Jahre nach seinem Ende verwandelt sich der Vietnamkrieg auf der Leinwand in einen Krieg voller Heldentaten, der nur deswegen nicht gewonnen wurde, weil die Männer mit den nackten Oberkörpern nicht so bomben und töten durften wie sie wollten; nun soll zumindest in Breitwand das unfinished business zu Ende gebracht werden, in Vietnam, Libyen und überall sonst, wo diese gooks und dyinks hausen.
„Ich fühle mich diesen Leuten überlegen. Ich bin der Amerikaner von der anderen Seite des Ozeans. Ich kann es diesen Leuten zeigen“ (Calley).
Einer der Soldaten im Kino trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck: Join the Army, travel to distant countries, meet interesting people – and kill them.“ [...]
Der Vietnamkrieg wurde während des vergangenen Jahrzehnts einer Schönheitskur unterzogen. „Ich denke, die Amerikaner haben in Vietnam einen guten Eindruck gemacht“, sagt der Ex-GI und „Dallas“-Star Ray Krebs. „Meine Einheit hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Ich bin den Leuten überlegen, die diese Erfahrungen nicht gemacht haben.“ Am diesjährigen Memorial Day erklärte der Präsident der Amerikaner die Jungs von Vietnam“ zum Vorbild für die heutige Jugend: „Sie entschieden sich, ehrlich zu sein. Sie entschieden sich, dem modischen Skeptizismus ihrer Zeit zu widerstehen. Sie entschieden sich, dem Ruf der Pflicht zu folgen.“
„Ich führe meine Befehle aus. Dafür ist die Armee da. Wenn die Amerikaner sagen: ‚Löscht Südamerika aus‘, wird es die Army machen. Wenn eine Mehrheit sagt, Lieutenant, los, massakrieren Sie tausend Feinde, werde ich tausend Feinde massakrieren“ (Calley).
Die völkische Gehirnwäsche, die in zehn Jahren aus einem viehischen Krieg eine noble Sache gemacht hat, findet außer in Präsidentenreden im Kinosaal statt. Im Kino-Center von Columbus waren fünf von sechs Filmen hochmoderne Kriegsstreifen, in denen der Vietnamkrieg weitergeführt oder woanders neu begonnen wird. Die GIs auf der Leinwand zeigen ihren Kollegen im Parkett, wie geil Krieg ist, wie erotisch der Luftkampf und wie orgiastisch der Abschuß ist – Krieg als die Fortsetzung des Lebens mit lustigen Mitteln.
„Vier fünfzig-kalibrige Maschinengewehre am Heck gaben Dauerfeuer: das war Ballerei à gogo. Das ist das Großartigste auf der Welt... Ein LSD-Trip ist in etwa so wie ein Morgen in My Lai. Oder sonstwo. Hinterher fragst du dich: Nun, was habe ich getan, einen Haufen Deutscher oder Japaner oder Vietnamesen umgebracht. Big goddamn deal“ (Calley).
„Damals“, so sagte ein Vietnam-Veteran am Memorial Day in einer Fernsehsendung, „fanden alle meine Freunde Krieg fürchterlich, aber ich ging nach Vietnam. Heute habe ich das komische Gefühl, Krieg ist schick geworden, und ich komme mir vor, als sei ich nicht von heute.“ Keiner verkörpert den Sinneswandel besser als „Rambo“ Sylvester Stallone. Während des Vietnamkrieges entzog sich Stallone dem Wehrdienst und diente als Leibwächter in einem Schweizer Mädcheninternat, heute ist Rambo der Rammbock der modernen Kriegsmentalität. [...]
Ein Mercedes-Kombi fährt vor. Calley eilt aus dem Laden, hinter einer Aktentasche sein Gesicht verbergend, und schlüpft in den Fond des Wagens. Seine Frau sitzt am Steuer und gibt Gas. [...]
Mitarbeit: Stefanie Rosenkranz
http://www.zeit.de/1986/38/my-lai-die-karriere-eines-kriegsverbrechers