Aus
Texte von Uri Avnery
Jul 12, 2014
Die Gräueltat
[...]
Zwei Palästinenser, die anscheinend allein handelten, kidnappten drei israelische Teenager, die versuchten nachts per Anhalter, von einer Jeshivaschule nahe Hebron nach Hause in eine Siedlung zu kommen. Das Ziel war wahrscheinlich, sie als Geiseln zur Befreiung von palästinensischen Gefangenen zu verwenden.
Die Aktion ging schief, als es einem der drei gelang, mit seinem Handy das israelische Polizei-Nottelefon anzurufen. Die Entführer, die nun vermuteten, dass die Polizei bald hinter ihnen her sei, gerieten in Panik und schossen die drei gleich tot. Sie verscharrten die Leichen in einem Feld und flohen. Tatsächlich vermasselte die Polizei den Anruf - nahm ihn nicht ernst - und begann ihre Jagd erst am nächsten Morgen).
Ganz Israel war in Aufruhr. Viele tausende Soldaten wurden drei Wochen damit beschäftigt, auf der Suche nach den drei Jugendlichen Tausende von Wohnungen, Höhlen und Felder zu durchsuchen.
Der öffentliche Aufruhr war sicherlich gerechtfertigt. Aber bald verwandelte sich dieser in eine Orgie rassistischer Aufwiegelung, die von Tag zu Tag schlimmer wurde. Zeitungen, Radiostationen und TV-Netzwerke wetteiferten miteinander mit dreisten rassistischen Schmähreden, wiederholten die offizielle Linie bis zur Übelkeit und fügten ihren eigenen widerlichen Kommentar hinzu – jeden Tag, rund um die Uhr.
Die Sicherheitsdienste der Palästinensischen Behörde, die mit dem israelischen Sicherheitsdienst überall zusammenarbeitete, spielte eine große Rolle beim frühen Entdecken der Identität der beiden Entführer (ohne sie zu fangen). Mahmood Abbas, der PA-Präsident, stand bei einem Treffen der arabischen Länder auf und verurteilte das Kidnapping unmissverständlich und wurde von vielen seiner eigenen Leute als arabischer Quisling bezeichnet. Israelische Verantwortliche nannten ihn andrerseits einen Heuchler.
Israels führende Politiker ließen einen Hetzsturm los, der woanders als regelrechter Faschismus angesehen worden wäre. Hier eine kurze Auswahl:
Danny Danon, vertretender Verteidigungsminister: „Falls ein russischer Junge entführt worden wäre, hätte Putin ein Dorf nach dem anderen platt gemacht.“
Der „jüdisches Heim“ –Fraktionsführer Ayala Shaked: „Mit einem Volk, dessen Helden Kindermörder sind, müssen wir entsprechend umgehen. (Jüdische Heim-Partei ist ein Teil der Regierungskoalition)
Noam Perl, Weltchef von Bnei Akiva, die Jugendbewegung der Siedler: „Eine ganze Nation und Tausende von Jahren Geschichte verlangen: Rache!“
Uri Bank, früherer Sekretär von Uri Ariel, Wohnungsbauminister, Erbauer der Siedlungen: „Dies ist der richtige Moment. Wenn unsere Kinder verletzt werden, fangen wir an zu toben, grenzenlos, demontieren die Palästinensische Behörde, annektieren Judäa und Samaria, exekutieren alle Gefangenen, die wegen Mord verurteilt wurden, vertreiben Familienmitglieder von Terroristen!“
Und Benjamin Netanjahu selbst spricht über das ganze palästinensische Volk: „Sie sind nicht wie wir. Wir heiligen das Leben, sie heiligen den Tod!“
Als die Leichen der drei von Touristenführern gefunden wurden, erreichte die Explosion einen neuen Höhepunkt. Soldaten setzten zehntausende von Botschaften ins Internet und riefen zur Rache auf, Politiker stachelten sie an, die Medien fügten dem noch Öl ins Feuer, Lynchmob versammelte sich an vielen Plätzen in Jerusalem, um arabische Arbeiter zu jagen und zusammenzuschlagen.
Außer ein paar einsamen Stimmen, schien es, dass das ganze Israel sich in einen Fußballmob verwandelt habe und „Tod den Arabern!“ schrie.
(Kann sich heute irgendjemand eine europäische oder amerikanische Menge vorstellen, die „Tod den Juden!“ schreit?)
DIE SECHS, die bis jetzt wegen des bestialischen Mordes des arabischen Jungen verhaftet wurden, waren direkt von einer dieser „Tod den Arabern!“-Demonstrationen gekommen.
Zuerst hatten sie versucht, einen 9Jährigen Jungen aus demselben arabischen Viertel, Shuafat zu kidnappen. Einer von ihnen fing den Jungen auf der Straße und zog ihn zu ihrem PKW, während der ihn gleichzeitig würgte. Glücklicherweise gelang es dem Kind, nach seiner Mutter zu rufen. Die Mutter begann, den Kidnapper mit dem Handy zu schlagen. Er geriet in Panik und floh. Die Würgemale am Hals des Jungen konnten noch mehrere Tage gesehen werden.
Am nächsten Tag kehrte die Gruppe zurück, fing Muhammad Abu-Kheir, ein 16Jähriger fröhlicher Junge mit einem gewinnenden Lächeln, goss Benzin in seinen Mund und verbrannten ihn zu Tode.
(Als ob dies noch nicht genug wäre, fingen Grenzpolizisten während einer Protestdemonstration seinen Cousin, legte ihm Handschellen um, warf ihn auf den Boden und begann ihn auf den Kopf und ins Gesicht zu treten. Seine Wunden sehen schrecklich aus. Der entstellte Junge wurde verhaftet, die Polizisten nicht.)
DIE GRAUSAME Weise, mit der Muhammad ermordet wurde, wurde zuerst nicht erwähnt. Die Tatsache wurde von einem arabischen Pathologe enthüllt, der bei der offiziellen Autopsie anwesend war. Die meisten israelischen Zeitungen erwähnten die Tatsache mit ein paar Worten auf einer inneren Seite. Die meisten TV-Sendungen erwähnten die Tatsache überhaupt nicht.
Im eigentlichen Israel erhoben sich die arabischen Bürger, wie sie es seit vielen Jahren nicht getan haben. Gewalttätige Demonstrationen dauerten mehrere Tage im ganzen Land. Gleichzeitig explodierte im Gazastreifen die Grenzlinie mit einer neuen Raketenorgie und Luftangriffen in einem Minikrieg, der bereits einen Namen hat: „Solid Rock“ („Solider Kliff“ – für das Ausland wurde ein anderer Propagandaname erfunden). Der neue ägyptische Diktator kollaboriert mit der israelischen Armee beim Ersticken des Gazastreifens.
DIE NAMEN der sechs Verdächtigen des Brandmordes – einige von ihnen haben sich zu der entsetzlichen Tat bekannt – werden noch zurückgehalten. Aber inoffizielle Berichte sagen, dass sie zur Orthodoxen Gemeinde gehören. Anscheinend hat diese Gemeinde, die traditionell anti-zionistisch und moderat ist, jetzt Neo-Nazis hervorgebracht, die sogar ihre religiös-zionistischen Konkurrenten übertreffen.
Doch so schrecklich die Tat selbst ist, so ist meiner Meinung nach, die öffentliche Reaktion sogar noch schlimmer. Weil es gar keine gibt.
Stimmt, ein paar sporadische Stimmen sind gehört worden. Viele normale Leute äußerten ihre Abscheu im privaten Gespräch. Aber der ohrenbetäubende, moralische Skandal, den man erwarten konnte, kam nicht zustande.
Es wurde alles getan, um den Vorfall klein zu halten, verhinderte seine Publikation im Ausland und selbst innerhalb Israel. Das Leben ging wie gewöhnlich weiter. Ein paar Minister und andere Politiker verurteilten die Tat mit Routinephrasen, damit sie im Ausland zitiert werden.
Die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien gewinnt weit mehr Interesse. Selbst auf der Linken wurde die Grausamkeit als eine von vielen Untaten der Besatzung behandelt.
Wo ist der große Aufschrei, die moralische Empörung der Nation, die einstimmige Entscheidung, den Rassismus auszurotten, der solche Grausamkeiten möglich macht?
DAS NEUE Aufflackern in und rund um den Gazastreifen hat diese Gräueltat ausgelöscht.
Sirenen tönen in Jerusalem und in Städten nördlich von Tel Aviv. Die Raketen, die auf die israelische Bevölkerungszentren zielen, wurden (bis jetzt) erfolgreich von Gegenraketen abgefangen. Aber hundert Tausende von Männern, Frauen und Kindern rennen in die Luftschutzbunker. Auf der andern Seite machen Hunderte von täglichen Einsätzen der israelischen Luftwaffe den Gazastreifen zur Hölle.
Wenn die Kanone brüllt, werden die Musen still.
Auch das Mitleid für einen Jungen, der zu Tode verbrannte.
(dt. Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert)
http://www.uri-avnery.de/news/294/17/Die-Graeueltat
In englischer Sprache (original?) auf http://www.veteranstoday.com/2014/07/12/uri-avnery-the-atrocity/
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Dunum um Dunum
Von Uri Avnery
Was würde man wohl sagen, wenn eine US-amerikanische Institution, die ein Siebtel des ganzen Landes verwaltet, Richtlinien akzeptieren würde, die ihr vorschreiben, Land nur an weiße, angelsächsisch-stämmige Protestanten zu verkaufen oder zu verpachten? Wir würden dies sicher nicht glauben. Und eigentlich sollte so etwas auch nicht möglich sein. Doch eine derartige Situation besteht in Israel. Sie verursacht gerade eine stürmische öffentliche Debatte.
Alternatives Land
Dies sind die Fakten: Der Jüdische Nationalfonds (auf hebräisch: Keren Kayemet le-Israel, oder kurz: KKL) verwaltet 13 Prozent allen Landes in Israel. Seine Statuten verbieten ausdrücklich, Land an Nicht-Juden zu verkaufen oder zu verpachten. Das heißt, jeder Jude der Welt könne, selbst wenn er in Timbuktu oder Kamtschatka lebt, vom KKL Land kaufen, ohne nach Israel kommen zu müssen, während ein arabischer Bürger aus Israel, dessen Vorfahren seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden hier gelebt haben, kein Haus, keine Wohnung in einem Teil seines Landes käuflich erwerben oder pachten kann.
Die Debatte wurde akut, weil das israelische Oberste Gericht vor kurzem in einer Entscheidung jede Diskriminierung von Bürgern bei der Landverteilung verurteilt hat. Auf Grund derselben wurde der KKL verklagt. Jetzt hat der Staatsanwalt entschieden, daß die Regierung die arabischen Bürger nicht benachteiligen darf, selbst wenn sie Land vergibt, das dem jüdischen Nationalfonds gehört.
Das sieht an sich sehr gut aus, wenn die Sache nicht einen Haken hätte. Die besten juristischen Köpfe suchen nach einem Ausweg: Wie kann die Diskriminierung trotz dieser Gerichtsentscheidung beibehalten werden? Kein Problem. Der Staatsanwalt schlägt einfach vor, die Regierung werde den KKL für jeden Dunum*, den er – Gott bewahre! – an Araber vergibt, mit einem Dunum irgendwo anders entschädigen. Das alternative Land wird in »peripheren« Lagen wie im Negev oder in Galiläa sein, wo es viel rentabler ist. Und obendrein wird die Regierung garantieren, daß die jährlichen Staatseinkünfte des KKL eine halbe Milliarde Schekel erreichen werden. So wird der Kuchen geteilt und bleibt doch ganz.
Der KKL ernennt übrigens fast die Hälfte der Direktoren der »israelischen Landbehörde«, die Regierungskörperschaft, die alles in staatlichem Besitz befindliche Land in Israel verwaltet. Durch diese Situation wird 20 Prozent der Bevölkerung Israels das Recht verweigert, in großen Teilen des Landes ein Haus zu kaufen, während Juden in Brooklyn oder Odessa sich dieses Rechts erfreuen können.
Blaue Sammelbüchse
Wie ist es dazu gekommen? Wie viele schlimme Dinge hier fing es ganz unschuldig an. Als vor mehr als 100 Jahren die zionistische Bewegung geschaffen wurde, bestand die Notwendigkeit für die jüdischen Einwanderer, in Palästina Land zu kaufen. Zu diesem Zweck wurde der KKL gegründet. Überall in der Welt wurde in jedem zionistischen Haus eine blaue Sammelbüchse aufgehängt. In jedem Klassenzimmer jüdischer Schulen wurden Kinder gedrängt, ihre Münzen in diese Büchse zu werfen. Die blaue Büchse wurde zu einem Symbol der zionistischen Bewegung, vielleicht das bekannteste. Mit dem auf diese Weise gesammelten Geld wurde ein Menge Land erworben, auf dem Kibbuzim und Moschawim aufgebaut wurden. Das war der Höhepunkt des zionistischen Idealismus. Die »Erlösung des Landes« und »hebräische Arbeit« wurden die Eckpfeiler des zionistischen Traumes.
Doch diese wunderbare Geschichte hat eine dunkle Seite, die im zionistischen Bewußtsein nicht registriert wurde. Das Land war tatsächlich gekauft worden – manchmal zu unverschämten Preisen – doch von reichen abwesenden Besitzern, die weder darauf lebten noch es kultivierten. Als das späte ottomanische Reich bankrott und in großer Geldnot war, verkaufte es große Landflächen an reiche arabische Kaufleute in Jaffa, Beirut und anderen Städten, die diese als Geldanlage kauften. Die arabischen Fellachen (Bauern), die das Land seit Generationen bearbeiteten, waren nur Pächter. Als der KKL das Land kaufte, wurden die Fellachen oft mit Hilfe der türkischen und später der britischen Polizei vertrieben.
Als im November 1947 die Vereinten Nationen sich zu einer Teilung des Landes in einen jüdischen und arabischen Staat entschlossen, waren trotz all der Bemühungen nur sieben Prozent des Landes in jüdischem Besitz. Und nur ein Teil dieses Gebietes gehörte dem KKL, der Rest war von privaten jüdischen Besitzern in Städten und landwirtschaftlichen »Kolonien« gekauft worden. Es wäre nun logisch gewesen, hätte der KKL mit der Gründung des Staates Israel sein Land dem Staat übereignet; denn genau für diese Idee war das Geld ja gesammelt worden.
Aber dies geschah nicht – es geschah genau das Gegenteil: Der neue Staat transferierte Millionen von Dunum enteigneten Landes der Araber an den KKL. Es war Land von Flüchtlingen, denen es nicht erlaubt wurde, zurückzukehren – in juristischer Sprache wurden sie zu »Abwesenden«. Oder es war das Land von denen, die im Lande geblieben waren, aber an einem bestimmten Tag nicht in ihrem Dorf waren. Sie wurden zu »anwesend Abwesenden«. Oder es war das Land von Arabern, die zu Bürgern Israels wurden.
Man sollte dies gut im Gedächtnis behalten, da es die große Lüge aufdeckt, die über der ganzen Debatte schwebt: daß das KKL-Land mit dem Geld des jüdischen Volkes gekauft wurde. Der größere Teil des KKL-Landes war keineswegs gekauft, vielmehr im Krieg erobert und dem KKL transferiert worden.
Warum transferiert? Warum transferiert ein souveräner Staat sein Land gratis an eine nichtstaatliche Körperschaft? Mir fällt nur ein Grund ein: Damit man mit der Diskriminierung der arabischen Bürger fortfahren kann.
Der KKL ist ein Instrument der israelisch-jüdischen Gemeinschaft gegen die israelisch-arabische Gemeinschaft. Er ist ein Instrument für institutionalisierte Diskriminierung. Der Trick des Staatsanwalts bestand nun darin, der Forderung des israelischen Obersten Gerichtes für Gleichheit aller Bürger nachzukommen, während eine Körperschaft, die auf Diskriminierung beruht, weiterhin 13 Prozent des Staatslandes verwalten darf. Im Prinzip ändert sich also nichts.
* 4 Dunum entsprechen 1.000 qm; Dunum ist ursprünglich ein türkisches Flächenmaß, das von Israel übernommen wurde.
Übersetzung aus dem Englischen: Ellen Rohlfs
Der Beitrag erschien in der "jungen Welt" vom 5. Februar 2005
http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Israel/avnery17.html
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"Dunum um Dunum" - Institutionalisierte Diskriminierung / Land Lords
Jüdische und palästinensische Bürger sind in Israel gleichgestellt – aber nicht beim Landerwerb / Government decision strips Palestinians of their East Jerusalem property
Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel von Uri Avnery sowie einen kürzeren Artikel und einen längeren Hintergrundbericht (letzterer in englisch) von Meron Rappaport über ein Thema,das hier zu Lande weitgehend unbekannt ist. Es geht um die Rechtssituation für jüdische und arabische Bürger beim Landerwerb in Israel.Dunum um Dunum
Von Uri Avnery
Was würde man wohl sagen, wenn eine US-amerikanische Institution, die ein Siebtel des ganzen Landes verwaltet, Richtlinien akzeptieren würde, die ihr vorschreiben, Land nur an weiße, angelsächsisch-stämmige Protestanten zu verkaufen oder zu verpachten? Wir würden dies sicher nicht glauben. Und eigentlich sollte so etwas auch nicht möglich sein. Doch eine derartige Situation besteht in Israel. Sie verursacht gerade eine stürmische öffentliche Debatte.
Alternatives Land
Dies sind die Fakten: Der Jüdische Nationalfonds (auf hebräisch: Keren Kayemet le-Israel, oder kurz: KKL) verwaltet 13 Prozent allen Landes in Israel. Seine Statuten verbieten ausdrücklich, Land an Nicht-Juden zu verkaufen oder zu verpachten. Das heißt, jeder Jude der Welt könne, selbst wenn er in Timbuktu oder Kamtschatka lebt, vom KKL Land kaufen, ohne nach Israel kommen zu müssen, während ein arabischer Bürger aus Israel, dessen Vorfahren seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden hier gelebt haben, kein Haus, keine Wohnung in einem Teil seines Landes käuflich erwerben oder pachten kann.
Die Debatte wurde akut, weil das israelische Oberste Gericht vor kurzem in einer Entscheidung jede Diskriminierung von Bürgern bei der Landverteilung verurteilt hat. Auf Grund derselben wurde der KKL verklagt. Jetzt hat der Staatsanwalt entschieden, daß die Regierung die arabischen Bürger nicht benachteiligen darf, selbst wenn sie Land vergibt, das dem jüdischen Nationalfonds gehört.
Das sieht an sich sehr gut aus, wenn die Sache nicht einen Haken hätte. Die besten juristischen Köpfe suchen nach einem Ausweg: Wie kann die Diskriminierung trotz dieser Gerichtsentscheidung beibehalten werden? Kein Problem. Der Staatsanwalt schlägt einfach vor, die Regierung werde den KKL für jeden Dunum*, den er – Gott bewahre! – an Araber vergibt, mit einem Dunum irgendwo anders entschädigen. Das alternative Land wird in »peripheren« Lagen wie im Negev oder in Galiläa sein, wo es viel rentabler ist. Und obendrein wird die Regierung garantieren, daß die jährlichen Staatseinkünfte des KKL eine halbe Milliarde Schekel erreichen werden. So wird der Kuchen geteilt und bleibt doch ganz.
Der KKL ernennt übrigens fast die Hälfte der Direktoren der »israelischen Landbehörde«, die Regierungskörperschaft, die alles in staatlichem Besitz befindliche Land in Israel verwaltet. Durch diese Situation wird 20 Prozent der Bevölkerung Israels das Recht verweigert, in großen Teilen des Landes ein Haus zu kaufen, während Juden in Brooklyn oder Odessa sich dieses Rechts erfreuen können.
Blaue Sammelbüchse
Wie ist es dazu gekommen? Wie viele schlimme Dinge hier fing es ganz unschuldig an. Als vor mehr als 100 Jahren die zionistische Bewegung geschaffen wurde, bestand die Notwendigkeit für die jüdischen Einwanderer, in Palästina Land zu kaufen. Zu diesem Zweck wurde der KKL gegründet. Überall in der Welt wurde in jedem zionistischen Haus eine blaue Sammelbüchse aufgehängt. In jedem Klassenzimmer jüdischer Schulen wurden Kinder gedrängt, ihre Münzen in diese Büchse zu werfen. Die blaue Büchse wurde zu einem Symbol der zionistischen Bewegung, vielleicht das bekannteste. Mit dem auf diese Weise gesammelten Geld wurde ein Menge Land erworben, auf dem Kibbuzim und Moschawim aufgebaut wurden. Das war der Höhepunkt des zionistischen Idealismus. Die »Erlösung des Landes« und »hebräische Arbeit« wurden die Eckpfeiler des zionistischen Traumes.
Doch diese wunderbare Geschichte hat eine dunkle Seite, die im zionistischen Bewußtsein nicht registriert wurde. Das Land war tatsächlich gekauft worden – manchmal zu unverschämten Preisen – doch von reichen abwesenden Besitzern, die weder darauf lebten noch es kultivierten. Als das späte ottomanische Reich bankrott und in großer Geldnot war, verkaufte es große Landflächen an reiche arabische Kaufleute in Jaffa, Beirut und anderen Städten, die diese als Geldanlage kauften. Die arabischen Fellachen (Bauern), die das Land seit Generationen bearbeiteten, waren nur Pächter. Als der KKL das Land kaufte, wurden die Fellachen oft mit Hilfe der türkischen und später der britischen Polizei vertrieben.
Als im November 1947 die Vereinten Nationen sich zu einer Teilung des Landes in einen jüdischen und arabischen Staat entschlossen, waren trotz all der Bemühungen nur sieben Prozent des Landes in jüdischem Besitz. Und nur ein Teil dieses Gebietes gehörte dem KKL, der Rest war von privaten jüdischen Besitzern in Städten und landwirtschaftlichen »Kolonien« gekauft worden. Es wäre nun logisch gewesen, hätte der KKL mit der Gründung des Staates Israel sein Land dem Staat übereignet; denn genau für diese Idee war das Geld ja gesammelt worden.
Aber dies geschah nicht – es geschah genau das Gegenteil: Der neue Staat transferierte Millionen von Dunum enteigneten Landes der Araber an den KKL. Es war Land von Flüchtlingen, denen es nicht erlaubt wurde, zurückzukehren – in juristischer Sprache wurden sie zu »Abwesenden«. Oder es war das Land von denen, die im Lande geblieben waren, aber an einem bestimmten Tag nicht in ihrem Dorf waren. Sie wurden zu »anwesend Abwesenden«. Oder es war das Land von Arabern, die zu Bürgern Israels wurden.
Man sollte dies gut im Gedächtnis behalten, da es die große Lüge aufdeckt, die über der ganzen Debatte schwebt: daß das KKL-Land mit dem Geld des jüdischen Volkes gekauft wurde. Der größere Teil des KKL-Landes war keineswegs gekauft, vielmehr im Krieg erobert und dem KKL transferiert worden.
Warum transferiert? Warum transferiert ein souveräner Staat sein Land gratis an eine nichtstaatliche Körperschaft? Mir fällt nur ein Grund ein: Damit man mit der Diskriminierung der arabischen Bürger fortfahren kann.
Der KKL ist ein Instrument der israelisch-jüdischen Gemeinschaft gegen die israelisch-arabische Gemeinschaft. Er ist ein Instrument für institutionalisierte Diskriminierung. Der Trick des Staatsanwalts bestand nun darin, der Forderung des israelischen Obersten Gerichtes für Gleichheit aller Bürger nachzukommen, während eine Körperschaft, die auf Diskriminierung beruht, weiterhin 13 Prozent des Staatslandes verwalten darf. Im Prinzip ändert sich also nichts.
* 4 Dunum entsprechen 1.000 qm; Dunum ist ursprünglich ein türkisches Flächenmaß, das von Israel übernommen wurde.
Übersetzung aus dem Englischen: Ellen Rohlfs
Der Beitrag erschien in der "jungen Welt" vom 5. Februar 2005
http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Israel/avnery17.html
Doch der wichtigste äußere Einfluß kam aus England. […]
Laut Bericht marschierte in Trier "in frischforschem Schritt" eine "fast militärisch straffe Pfadfinderschaft"; in dem zeitgenössischen Artikel über das Kriegsspiel rheinischer Wandervögel von 1910 […] hatte es geheißen, die neuen Kriegsregeln seien dem "Pfadfinderbuch" zu entnehmen. Gemeint war Baden-Powell's "Scouting for Boys" (1907) - eine Fusion von Sport, körperlichem Training und paramilitärischen Gelände-Übungen. Die Gründung der "Boys Scouts' Association" im Jahre 1900 durch den Kavallerie-Offizier Sir Robert Baden-Powell [...] wurde zum weltumspannenden Erfolg. […] Baden-Powell wollte seine kriegspädagogische Initiative auch als Werbung für eine allgemeine Wehrpflicht verstanden wissen. Jugend-Kriegspädagogik also entsprach um 1900 einem internationalen Trend. «
Aus
DER KULT DER JUGEND UND DES KRIEGES
Publ. in: Jost Dülffer, Gerd Krumeich (Hg.), Der verlorene Frieden. Politik und Kriegskultur nach 1918, Essen 2002, S.171-197
Gefunden auf http://www.rusinek.eu/wp-...
10.11.2014
Ich komme im Moment nicht dazu, diesen Post weiter zu ergaenzen.
Stattdessen verweise ich auf einen anderen Post mit aehnlicher Thematik:
Pfadfinder und Scouts
http://zettelmaus.blogspot.com/2014/05/pfadfinder-und-scouts_6593.html
Mit Abbildung einer persoenlichen Grusskarte von Baden Powell und seiner Frau (1912), auf der beide zusammen ein Emblem mi Hakenkreuz hochhalten.
Die Texte dazu sind zu einem grossen Teil in der Kommentarfunktion, da es mit der Bearbeitung dieses Posts technische Schwierigkeiten gab.